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BREXIT – IMPACT ON CONTRACTS

Der AK Internationale Beziehungen im VDI Dresdner Bezirksverein hatte für Dezember eine Veranstaltung zu den Folgen des Brexit geplant, die aufgrund der Corona-Situation leider nicht mehr durchgeführt werden kann.

Der Leiter des AK, Herr RA Dr. Axel Schober, stellt hier einige grundsätzliche Aussagen zur Verfügung:

 

Das EU-Vertragsrecht (als Gesamtheit vereinheitlichter Regelungen, die für das gesamte EU Gebiet gelten) und das englische nationale Recht gehen zwar auf gemeinsame, römisch-rechtliche Wurzeln zurück, lassen sich aber mit zwei Tankern vergleichen, deren Kurs während der EU-Zugehörigkeit Großbritanniens parallelgeschaltet war und die sich dabei auch inhaltlich angenähert haben, die sich nunmehr aber voraussichtlich zunehmend voneinander entfernen werden. Eine gemeinsame Verklammerung über völkerrechtliche Verträge (z.B. über die Zuständigkeit von Gerichten, insbesondere wenn bestimmte Gerichtsstände schon vereinbart waren) wird zwar bestehen bleiben, aber der Inhalt der beiden Rechtsmassen wird nicht mehr automatisch gleichgeschaltet sein. Mahnende Stimmen in England und in der EU rufen dazu auf, sich nicht allzu weit zu entfernen.

Auf beiden Seiten des Kanals besteht Einigkeit, dass bestehende Verträge einzuhalten sind. Eine gravierende Anpassung von Verträgen oder deren Kündigung (z.B. über Wegfall der Geschäftsgrundlage, Force Majeure oder Hardship) dürfte nach überwiegender Meinung allein durch den BREXIT nicht zu begründen sein. Anders, wenn bestehende Verträge den BREXIT als Möglichkeit schon vorsehen und Regelungen für Anpassungen getroffen sind. Bei neuen Verträgen wird man mit Geschäftspartnern aus UK vorgehen müssen wie bei solchen aus irgendwelchen anderen Drittländern. Hier ist insbesondere auch an die Vereinbarung von Schiedsgerichtsbarkeit zu denken, um Gerichtsentscheidungen leichter durchsetzen zu können (nach dem NY-Übereinkommen von 1958), wird doch zukünftig in Großbritannien ein Anerkennungsverfahren für kontinentale staatliche Gerichtsentscheidungen zu durchlaufen sein (und umgekehrt).

Die Leistungaustausche dürften schwieriger und teurer werden. Nachverhandlungen bestehender Verträge dürften somit notwendig werden, etwa hinsichtlich spezifischer technischer Produktanforderungen, Preisen oder Lieferzeiten und -modalitäten, um den praktischen Erschwernissen des Leistungsaustausches Rechnung zu tragen, insbesondere wenn durch neue Produktanforderungen, Zölle, Reiseerschwernisse, Exporthindernisse oder sonstige zwingende hoheitliche Regulierungen wirtschaftliche Ungleichgewichte eintreten. Bei neu abzuschließenden Verträgen wird hierauf besonderes Augenmerk zu richten sein.

Je nach Vertragstyp ergeben sich zusätzliche Regelungserfordernisse, etwa hinsichtlich territorialer Fragen („Vertrieb in der EU“) oder bei der Beendigung etwa von Handelsvertreterverträgen, da Ausgleichsansprüche englischer Handelsvertreter zukünftig bei neuen Verträgen wohl ausgeschlossen werden dürfen.

Auf eine insgesamt zielführende Verhandlungsführung mit professioneller juristischer Unterstützung wird es deshalb ankommen. Zumal das englische Recht traditionell dem Wortlaut von Verträgen innerhalb deren vier Ecken eine viel höhere Bedeutung zumisst als das deutsche Recht mit seiner weitreichenden Vertragsauslegung.

RA Dr. Axel Schober

Dr. Axel Schober ist Rechtsanwalt und Schiedsrichter (IHK, DIS, ICC u.a.). Er ist spezialisiert auf nationales und internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Schiedsgerichtsbarkeit sowie Wettbewerbsrecht (www.dr-schober.de). Er leitet im VDI Dresdner Bezirksverein den Arbeitskreis "Internationale Beziehungen".

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