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Ingenieurtechnischer Schutz vor den Fluten - Exkursion zur Hochwasserschutzanlage nach Grimma

Unsere Exkursion am 8. September 2021 war der Auftakt für die Tage der Industriekultur - für die Seniorengruppe des VDI Leipzig war es nach der Pandemie die erste Zusammenkunft. Das Thema ist ein aktuelles - Hochwasserschutz. Die Folgen von Überschwemmungen für die Bevölkerung ist aktuell erneut mit ganzer Härte in der Eifel zu sehen (Sommer 2021).

Mehrere Male in den letzten Jahrzehnten wurde die Grimma von der über ihre Ufer tretenden Mulde überflutet. Besonders hart hat es die Stadt 1771, 1954, 2002 und 2013 getroffen. Seit Jahrhunderten immer wiederkehrende Überflutungen der Ortslage Grimma sind eindrucksvoll mit deren Hochwasserständen an der Großmühle dokumentiert. Im August 2002 trat das bisher höchste  registrierte Hochwasser in der Geschichte der Stadt mit einem Extremhochwasserabfluss von 2.570 m³/s auf.

Das Wasser vom Einzugsbereich aus ca. 8000 km2 muss an Grimma vorbei. Das sind in 24 Stunden 45 Mio. mbei HW 100. Angekommen sind im August 2002 - 224 Mio. m3/24 h. 12 Talsperren im Oberlauf mit 173 Mio. m3 Gesamtvolumen bedeutet wenn sie leer sind 8 Mio. m3 zu viel Wasser.

Das Wasser stand 3 m hoch über dem Gelände. Die Innenstadt war vollständig überflutet, 687 Häuser wurden beschädigt, 45 davon erlitten Totalschaden. Die Gesamtschadenshöhe lag bei mehr als 260 Mio. €.

Die Menschen in Grimma leben seit Jahrhunderten damit. Nach dem Hochwasser 2020 die Entscheidung: Es ist eine Hochwassermauer zu errichten. Das Schutzziel für die Stadt Grimma ist das HQ 100, d.h. ein Hochwasserabfluss mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 100 Jahren. Die Anlage insgesamt ist ca. 2 km lang und im Schnitt 4- 4,5m hoch. Dazu gehören eine ober- und unterirdische Schutzwand, eine Grundwasserkommunikationsanlage sowie ein Schöpfwerk. Eine wesentliche zu lösende Aufgabe bestand in der Integration städtebaulicher und denkmalpflegerischer Erfordernisse in den technischen Hochwasserschutz. Die Baukosten sind mit 60 Mio. € angegeben.

Zu einem Zeitpunkt, als die Schäden vom Hochwasser 2002 fast beseitigt waren überschwemmt am 3. Juni 2013 die Innenstadt von Grimma erneut. Die Schutzanlage war noch nicht fertig. Das untermauerte nochmals die Notwendigkeit eines funktionierenden Hochwasserschutzes für die Stadt Grimma. Gerichtsverfahren von Menschen die nicht betroffen waren, haben den Bau verzögert. Das ist sehr schmerzlich für die Betroffenen.

Jetzt ist die Hochwasserschutzanlage fertig. Wir haben bei unserer Exkursion am 8. September 2021 die neue und die alte historische Mauer besichtigt. Die Hochwassertore, Brunnen zum Grundwasserbrunnen, Pumpstationen und eine Hebeanlage für den Tostgrundbach.  Wie das genau aussieht und welche Wirkung damit erzielt wird, bekommen wir bei dieser Technikexkursion unter der sachkundigen Führung durch Herrn Zechendorf von der Talsperrenverwaltung Grimma gezeigt.

Das zu schützende Stadtgebiet liegt über einem stark durchlässigen Grundwasserleiter. Um der Gefahr von austretendem Grundwasser bei Hochwasser zu begegnen, plante man eine 2 km lange Dichtwand nach der Auswertung eines dreidimensionalen, numerischen Grundwassermodells in einer Halle in Dresden.

Die Dichtwand wurde als überschnittene Bohrpfahlwand in sechs Teilabschnitten im Zeitraum von 2007 bis 2015 realisiert. Die 11 bis 15 m langen Bohrpfähle dienen auch als Gründung für die im Anschluss errichtete Hochwasserschutzmauer und binden mindestens 0,5 m in das Festgestein ein. Aufgrund der statischen Funktion wurden die Sekundärpfähle bewehrt ausgeführt. Die Dichtwand ist 2253 m lang, 12 m tief und  3 m hoch.

Die Grundwasserkommunikationsanlage bilden 8 begehbare Horizontalfilterbrunnen. Deren Schachtbauwerke besitzen einen lichten Durchmesser von 3,20 m, binden wie die Dichtwand in das Festgestein ein und sind mit einer Unterwasserbetonsohle ausgestattet. Die durchschnittlich 40 m langen, sternförmig vorgetriebenen Filterstrecken fassen das Grundwasser im Stadtgebiet und leiten es ohne Pumpbetrieb durch die Dichtwand der Mulde zu.

Nach einer theoretischen Einführung haben wir die wichtigen Punkte angeschaut. Es war eine sehr gute Führung mit vielen Details. An Hand dieser baulichen Beispiele wurden verschiedene Fälle erläutert. Zwischen den einzelnen Stationen hatten Herr Zechendof und sein Mitarbeiter viele Fragen zu beantwortet. Die Führung ging entlang der Mauer war kurzweilig. Die 3 Stunden sind im Fluge vergangen.  

 

 

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