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Ingenieurausbildung

Nachhaltigkeit als interdisziplinäres Thema im Studium

Bild: ProLehre / TU München

Dem Thema Nachhaltigkeit widmen sich bundesweit immer mehr Studiengänge. So bündelt die Technische Universität München am TUM Campus Straubing ihre Kompetenz und Aktivitäten im Bereich der Bioökonomie. Hier werden Fragestellungen vom Molekül bis zur Vermarktung in Lehre und Forschung abgedeckt. Aufgrund des disziplinübergreifenden Charakters des Themas arbeiten am TUM Campus Straubing Vertreter der Natur-, Ingenieur-, Ökosystem- und Wirtschaftswissenschaften zusammen. Prof. Dr. Volker Sieber, Rektor des TUM Campus Straubing für Biotechnologie und Nachhaltigkeit (TUMCS), erzählt im Interview, warum die interdisziplinäre Zusammenarbeit so wichtig ist.

Prof. Sieber, wieso macht sich Ihr Campus für das Thema Nachhaltigkeit besonders stark?

Weil die Themen Nachhaltigkeit, Bioökonomie, Nutzung von energieeffizienten Verfahren und Umstellung auf eine biobasierte Wirtschaftsweise unabdingbar sind, um unseren Planeten lebenswert zu halten. Es gibt keinen „Planet B“. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken und die Nutzung endlicher, fossiler Energieträger zu bremsen, bedarf es neuer Technologien und Wirtschaftsweisen. Diese werden bei uns am TUMCS erforscht und auch gelehrt. 

Damit der Rohstoff- und Energiewandel zukunftsweisend und nachhaltig gelingen kann, bilden wir sowohl fachspezifische Expertinnen und Experten als auch multidisziplinär ausgebildete Fach- und Führungskräfte aus.

Unsere Aufgabe ist es dabei, das Thema der Nachhaltigkeit in Forschung und Lehre an der Technischen Universität zu bündeln.

Alle Professoren bei uns sind in einer der klassischen Fakultäten der TUM verankert, kommen aber am TUM Campus in Straubing zusammen, um unter einem Dach interdisziplinär zusammenzuarbeiten.
 

Wie viele Studiengänge und Studierende umfasst der Campus zurzeit?

Die akademische Ausbildung am TUMCS erfolgt im Rahmen mehrerer Bachelor- und Masterstudiengänge. Zum Wintersemester 2020/21 zählen wir aktuell ca. 580 Studierende, was einem Zuwachs von rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Grundsätzlich bilden wir sehr breit und fächerübergreifend aus. Studieninteressierte können momentan aus neun Studiengängen wählen, von denen es einige bundesweit nur an der TUM in Straubing gibt.

Was zeichnet den Campus für Studierende aus?

Aus den Themenfeldern Chemie, Biotechnologie, Materialwissenschaft, Energietechnik, Verfahrenstechnik und Ökonomie kommen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studierende nach Straubing, um gemeinsam zu lernen, zu lehren und zu forschen. Einzigartig in Deutschland ist, dass diese Themenfelder in einer Einheit gebündelt werden und dass auch die Studiengänge stets Anknüpfungspunkte zu all diesen Themen bieten. 

Wie wird das Thema Nachhaltigkeit speziell in der Ingenieurausbildung umgesetzt?

Für die Ingenieurausbildung sind am TUM Campus Straubing in erster Linie der Bacherlorstudiengang Technologie Biogener Rohstoffe und der englischsprachige Masterstudiengang Technology of Biogenic Resources vor kurzem gestartet. Darin bieten wir den Studierenden sowohl eine breite Grundlagenausbildung im Bereich Energie- und Verfahrenstechnik, lehren aber auch wichtige Aspekte in Bezug auf Nachhaltigkeit. Dazu gehören technische Ansätze zur stofflichen und energetischen Nutzung biogener Rohstoffe sowie wichtige Werkzeuge zur Bewertung von Nachhaltigkeit von Technologien. 

Diese Aspekte wurden bereits bei der Planung der Studiengänge berücksichtigt und ziehen sich wie ein roter Faden durch das Kurrikulum. Dadurch stellen wir sicher, dass die Absolventinnen und Absolventen nachhaltige Denkweisen von der Pike an aufnehmen und später im Berufsalltag ganz selbstverständlich anwenden. Daneben enthalten die Bachelorstudiengänge Chemische Biotechnologie sowie Biogene Werkstoffe sowie die sukzessiven englisch studierbaren Masterstudiengänge Chemical Biotechnology und Biogenic Materials (ab dem Wintersemester 2021/22) einen großen Anteil ingenieurswissenschaftlicher Module. 
 

Inwiefern greifen hier Interdisziplinarität, digitale Transformation und Nachhaltigkeitsthemen ineinander?

Beim Masterstudiengang vermitteln wir vertieftes Verständnis für nachhaltige Anwendungen in der Energietechnik – beispielsweise für die Planung von Biogasanlagen und Entwicklung synthetischer Kraftstoffe – und in der Verfahrenstechnik wie der Herstellung von Biokunststoffen oder der Extraktion von Naturstoffen. Um dieses Verständnis zu vermitteln, werden die Studierenden von Dozenten aus den Bereichen Energie- und Verfahrenstechnik, Biotechnologie, Materialwissenschaften und Ökonomie unterrichtet. Themen der digitalen Transformation wie Data Science oder Machine Learning sind selbstverständlich Teil des modernen Lehrplans und werden an genannten Anwendungen in Vorlesungen aber auch Forschungsarbeiten vermittelt. Der Masterstudiengang bietet sich übrigens generell auch als Aufbaustudium für Bachelorabsolventinnen und -absolventen aus dem Ingenieurbereich an, die bislang noch wenig über nachwachsende Rohstoffe und deren stoffliche und energetische Nutzung gelernt haben.

Und wie setzen Sie das Thema Nachhaltigkeit im praktischen Teil der Ausbildung um?

Neben der theoretischen Ausbildung in den MINT-Disziplinen und den Wirtschaftswissenschaften steht auch ein umfangreiches Angebot an Praktika auf der Agenda. Dabei orientieren sich Laborversuche auch an nachhaltigen Prozessen wie zum Beispiel der Biodieselherstellung anstelle der Erdöldestillation. Wenn die Mehrzweckdemoanlage für die Bioökonomie am nahgelegenen Industriehafen in Betrieb geht, werden wir auch dort an großen Anlagen Ausbildung an modernen Verfahren und Apparaten anbieten. Weiterhin besteht die Möglichkeit zu studentischen Tätigkeiten und Abschlussarbeiten im Rahmen von praxisorientierten Forschungsprojekten und der Durchführung von Abschlussarbeiten in der Industrie. Hier können konkrete Fragestellungen aus der Industrie zum Thema Nachhaltigkeit in Zusammenarbeit mit dieser bearbeitet werden.

Autor: Stephan Berends

Das komplette Interview gibt es für Mitglieder auf Mein VDI.

Ansprechpartner: 
Dr. Saša  Peter Jacob
Referent Ingenieurausbildung
E-Mail-Adresse: jacob@vdi.de

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