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Partikel, Filter, Masken

Die Corona-Pandemie brachte für die Menschen u. a. die Verpflichtung, Atemschutzmasken zu tragen zum Selbstschutz und zum Schutz Anderer. Dieses zweifache Schutzziel war bei den herkömmlichen Bereichen, in den en Atemschutzmasken getragen werden, nicht zwingend erforderlich. So schützt die OP-Maske im Krankenhaus in erster Linie den Patienten (z.B. auf dem OP-Tisch) vor exhalierten Partikeln des behandelnden Personals und in der Arbeitswelt schützt die Maske die Beschäftigten vor gesundheitsgefährdenden Partikeln, die am Arbeitsplatz entstehen. In den vielen Diskussionen und Veranstaltungen zu dem Komplex Corona-Pandemie zeigte sich leider auch, dass es Mängel gibt in der Kenntnis der physikalischen Grundlagen des Verhaltens von Partikeln in Gasen einerseits und der Filtration andererseits.

Aerosole – wissenschaftliche Definition und Kennzeichnung

Aerosole („Luft-Lösungen“) sind zweiphasige Systeme, bestehend aus einem Gas (z. B. Luft) und darin suspendierten festen und/oder flüssigen Partikeln. Die Partikel haben eine definierte Phasengrenze zum Trägergas. Je nach Entstehungsart, Entstehungsort, Ort des Auftretens, Art der Partikel, etc. spricht man dann von Stäuben,  Nebeln, Rauchen, Faserstäuben, Umwelt-Feinstäuben, Bio-Aerosolen etc..
Ein Aerosol wird beschrieben durch die Kenngrößen des Trägergases und durch die Kenngrößen der  Partikel wie z.B.: Konzentration, Partikelgröße und Partikelgrößenverteilung, Art und Eigenschaften der Artikel, etc..
Die Größe von Aerosolpartikeln kann zwischen ca. 0,01µm und 100 µm variieren. Dabei ist mit der Durchmesserangabe oft der Aerodynamische Durchmesser gemeint, ein Äquivalentdurchmesser, der aus dem Gesetz von Stokes abgeleitet ist. Partikel der Größe von ca. 0,5µm haben die geringste mechanische Beweglichkeit.

Verhalten von Partikeln in Filtern

Auf Aerosolpartikel wirken Kräfte, die eine Eigenbewegung gegenüber dem Trägergas bewirken: z. B.: Gravitation, Trägheitskräfte, Diffusion, elektrostatische Kraft. Deren Effekt hängt von der Größe/Masse eines Partikels ab. In Filtern sind die Impaktion und die Diffusion die Haupt-Abscheidemechanismen. Dabei wirkt die Diffusion proportional zum reziproken Partikeldurchmesser, die Impaktion proportional zum Quadrat des Partikel-Durchmessers (Aerodynamischer Durchmesser). Im Überlappungsbereich der Wirkung von Diffusion und Impaktion (ca. 0,1µm – 1 µm) ist der Abscheidegrad eines Filters am schlechtesten. Das Minimum des Abscheidegrades bei ca. 0,3µm - 0,5µm. Zu kleineren wie auch zu größeren Partikeldurchmessern steigt der Wirkungsgrad an und erreicht 100%. Mit steigender Durchström-Geschwindigkeit des Aerosols durch den Filter verringert sich die Wirksamkeit der Diffusion, das Minimum des Wirkungsgrades sinkt ab und die Lage des Minimums verschiebt sich in Richtung 0,1 µm (das „Filterloch“ wird größer).

Prüfung von Filtermaterialien

Filter für die allgemeine Raumlufttechnik werden seit 2018 nach der DIN EN ISO 16890 geprüft (früher nach DIN EN 779). Bestimmt wird der Wirkungsgrad bei einem Nominaldurchfluss für die Partikelfraktionen PM 1, PM 2,5 und PM 10, die unter Partikelgröße ist dabei 0,3µm. Der gemessene Wirkungsgrad gilt nur für die Testbedingungen, nicht allgemein.

Masken zum Schutz vor Partikeln

Masken zum Schutz vor der Einatmung Partikeln stehen in verschiedenen Ausführungen zur Verfügung: Voll- oder Halbmasken, bestehend aus Maskenkörper und Wechselfiltern, partikelfiltrierende Halbmasken (der Maskenkörper ist ein Filter), OP-Masken. Die Masken (außer OP-Masken) sind erhältlich in den Schutzstufen FFP1, FFP2 und FFP3.

Prüfung partikelfiltrierender Halbmasken

Die Prüfung von partikelfiltrierenden Halbmasken umfasst hinsichtlich der Filtereigenschaften und atemphysiologischen Effekte im Wesentlichen die Prüfung:

-des Wirkungsgrades/Durchlassgrades des Filtermaterials
-der Gesamtleckage nach Innen (Durchlassgrad des Filters + Durchlassgrad des Sitzes am Kopf + Durchlassgrad des Ausatemventils, falls vorhanden).
-des Ein- und Ausatemwiderstandes
-der Erhöhung des Atemwiderstandes nach Einspeicherung von Staub
-des CO2 –Gehaltes der Einatemluft.

Die Prüfung des Filtermaterials und der Gesamtleckage nach Innen erfolgt mit einem feinen, polydispersen NaCl-Prüfaerosol, das nach dem in der Norn vorgegebenen Verfahren hergestellt und nachgewiesen werden muss.
Die Vorgaben der Norm für die Klassen des Filtermaterials sind folgende Durchlassgrade:

- FFP1: 20%
- FFP2:  6%
- FFP3:  1%

Die mittlere Gesamtleckage  (8 von 10 arithmetischen Mittelwerten) nach Innen darf  unter Testbedingungen höchstens betragen:

- FFP1: 22%
- FFP2:  8%
- FFP3:  2%

An die Dichtigkeit des Sitzes der Maske am Gesicht werden also hohe Anforderungen gestellt, auch wenn für die Einzelwerte im Test etwas höhere Werte zulässig sind. In einem anwendungsbezogenen Test konnte bei einer Exposition gegen grobe Gesteinsstäube  beobachtet werden, dass nahezu alle Partikel, die inhaliert wurden, durch die Undichtigkeiten zwischen Maskenrand und Gesicht nach innen gelangt waren. Nur bei Erfüllung aller jeweiligen Prüfkriterien unter den in der Norm festgelegten Bedingungen kann dem jeweiligen Maskentyp die Schutzstufe zuerkannt werden. Die jeweiligen Normvorgaben und erreichten Prüfdaten beziehen sich auch nur auf die Testbedingungen (Prüfaerosol, Nominalvolumenstrom etc.). Im realen Gebrauch ergeben sich jeweils andere Werte, wie das erwähnte Beispiel aus der Nähe zur Praxis deutlich zeigt.

Partikelfiltrierende Halbmasken im Einsatz zum Schutz vor Corona-Viren

Seit Beginn der Corona in 2020 hat sich der Einsatz von Atemschutzmasken drastisch erhöht, da jeder Erwachsene beim Aufenthalt an definierten Orten zum Maskentragen verpflichtet wurde. Empfohlen wurden OP-Masken und FFP2-Masken. Die Empfehlung für FFP2-Masken fußt auf der Anwendungsempfehlung in der DGUV Regel 112-190 „Benutzung von Atemschutzgeräten“. Zunächst standen nicht genügend  OP-Masken und FFP2- Masken zur Verfügung, überwiegend wurden selbstgefertigte Masken nach dem Muster von OP-Masken getragen. Erst zu Beginn dieses Jahres wurde das Tragen solcher Masken („Alltagsmasken“) im öffentlichen Raum, Arztpraxen, etc.  nicht mehr gestattet.
Ein wichtiger Weg der Verbreitung der Viren ist die Verbreitung von Mensch zu Mensch über die Luft: ein Infizierter exhaliert Viren und Viren-haltige Körperflüssigkeits-Tröpfchen, ein  Anderer inhaliert davon. Die Corona-Vieren (SARS-CoV-2) haben einen Durchmesser von ca. 80nm – 140nm (elektronisch gemessen), die Länge der Oberflächenproteine („Spikes“) beträgt 20nm – 25nm. Exhalierte Tröpfchen von Körperflüssigkeit können Durchmesser bis nahezu 1mm annehmen (z. B. beim Husten oder Niesen).

Durch das Tragen von Atemschutzmasken soll nun zweifaches bewirkt werden:

- Verhinderung der Exhalation von Viren und Viren-haltigen Körperflüssigkeits-Tröpfchen
- Verhinderung der Inhalation derselben durch gesunde Menschen.

Verhalten von partikelfiltrierenden Halbmasken bei der Ausatmung

Bei normaler Ausatmung hat das Filtermaterial der Halbmaske denselben Wirkungsgrad wie bei der Einatmung. Bei der Ausatmung besteht jedoch ein Überdruck in der Maske, was den Sitz der Maske am Gesicht verschlechtert und zu einem vermehrten Luftstrom durch diese Leckage führt. Beim Husten und Niesen liegt kurzzeitig ein stark erhöhter Volumenstrom vor. Das führt währen dieses Vorgangs zu einer Verringerung des Wirkungsgrades/Erhöhung des Durchlassgrades des Filters und zu einer weiteren Vergrößerung der Leckage zwischen Maskenrand und Gesicht. Folge: in dieser Situation kann eine infizierte Person relativ viele Viren emittieren.

Negative Auffälligkeiten in der Versorgung mit FFP2-Masken

Aus Kapazitätsgründen konnten bisher nicht alle neuen Typen von FFP2-Masken komplett nach DIN EN 149 geprüft werden, Abhilfe schaffte eine vereinfachte Prüfung. Einige Meldungen zeigten, dass es bei der Versorgung mit FFP2-Masken auch Pannen gab:

- Im April 2021 rief eine Handelskette FFP2-Masken zurück. Grund: nicht alle Anforderungen erfüllt. (WAZ)
- Ebenfalls April 2021: Zoll schickt eine Million FFP2-Masken Richtung Türkei zurück. Grund: nicht verkehrsfähig, CE-Kennzeichen gefälscht. (WAZ)
- März/April 2021: Warnung der Firma PALAS GmbH: FFP2-Masken zeigen bei Untersuchungen im Bereich von 0,1µm – 1µm hohe Durchlassgrade, bis über 20%. Gerade in diesem Größenbereich haben auch Infizierte Personen Partikel exhaliert.
- 17. KW 2021: Warnung im Internet vor einen weiteren TYP FFP2.

Solche Ereignisse geben Anlass zu Fragen:

- Waren die Masken nach DIN EN 149 geprüft?
- Wenn ja, hat die Prüfmethode die Penetration in diesem kritischen Partikelgrößenbereich nicht richtig erkannt?
- Wie war die Qualitätssicherung beim Hersteller?
- Sind Fälschungen im Umlauf?

Hier besteht Klärungsbedarf!

Empfehlung:

Tragen Sie Masken wie und wo angeordnet.
Sorgen Sie für einen möglichst dichten Sitz der Maske.
Befolgen sie auch die anderen Hygiene-Maßnahmen.

(Dr. phil. nat. Lorenz Armbruster, TSU e. V. Gotha)

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