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Smarte Städte – so gelingt die digitale Zukunft

Bild: chombosan / Shutterstock.com

In smarten Städten ist die Digitalisierung für den Menschen da, nicht umgekehrt. Sie kann helfen, die Lebensqualität der Stadtbewohner durch neue technische Möglichkeiten zu verbessern und die Verwaltung leistungsfähiger zu machen. Zentraler Maßstab ist immer der Nutzen für den Menschen. Experten des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) zeigen auf, wie die Künstliche Intelligenz dabei unterstützen kann.

Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Stadtentwicklung. Ohne Künstliche Intelligenz (KI) zu nutzen und einzusetzen, geht es dabei jedoch nicht. KI unterstützt den Menschen in seinem Alltag, macht ihn aber zu keiner Zeit überflüssig, so das Verständnis des VDI.

In einer kürzlich durchgeführten Befragung von VDI-MitgliederInnen zur möglichen Anwendung von KI außerhalb der Industrie wurden am häufigsten genannt: Mobilität verbessern, Diagnostik erleichtern und die Menschen in ihrem täglichen Leben entlasten.

Digitalisierung in allen Lebenslagen

Und genau das sind auch die Anwendungen in der smarten Stadt von morgen. Der Verkehr wird durch die Übertragung von Echtzeitdaten digital geleitet und fließt, statt zu stocken. Freie Parkplätze oder verfügbare Sharing-Angebote auf zwei oder vier Rädern sind per App oder über ein Navigationsgerät abrufbar.

Perspektivisch könnte sogar autonomes Fahren die Wohnraumnot in den Städten mildern: Pendeln wäre dann nicht länger verlorene Zeit im Auto, sondern produktiv für die FahrerInnen: mit den Händen auf der Tastatur des Notebooks, statt sie zum Lenken oder Schalten benutzen zu müssen. Mobiles Arbeiten bekäme eine ganz neue Bedeutung, aber das klingt noch sehr nach Zukunftsmusik.

Realistischer und ansatzweise schon Wirklichkeit ist dagegen die Digitalisierung der kommunalen Verwaltung: Lange Menschenschlagen vor dem Einwohnermeldeamt gehören mehr und mehr der Vergangenheit an. Neuesten Medienberichten zu Folge werden bis 2020 alle Behördengänge online zu erledigen sein. 

Aber nicht nur für die Kunden ändert sich etwas, auch die MitarbeiterInnen in den Verwaltungen erfahren eine Veränderung ihrer Arbeitswelt: der bisher mehr oder weniger geschätzte Kundenkontakt weicht neuen Rollen und Aufgaben. So werden künftig verstärkt MitarbeiterInnen gesucht, die über ein fundiertes Wissen nicht nur in der Informationstechnologie, sondern auch der Informationssicherheit und dem Datenschutz verfügen. Kenntnisse in Erhebung, Auswertung und Nutzung von Daten – vor allem von großen Datenmengen – sind die Kernkompetenzen in der digitalisierten Welt von morgen. 

Wenn die MitarbeiterInnen gezielt in diesen digitalen Kompetenzen weitergebildet werden, kommen Ängste über den möglichen Verlust des Arbeitsplatzes gar nicht erst auf. 

Online-Lernplattformen ergänzen und verbessern das (Weiter-)Bildungsangebot, wann und wo auch immer gerade Bedarf besteht. WLAN, frei zugänglich an öffentlichen Plätzen der Stadt, trägt dazu bei. Durch KI wird es möglich, dass jeder Lernende dort abgeholt wird, wo er mit seinem Wissen und Können steht und Lerninhalte in Echtzeit auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen zugeschnitten sind.

Auch im Gesundheitswesen hält die Digitalisierung mehr und mehr Einzug. Ein erster Schritt ist mit der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte im Jahr 2015 bereits vollzogen worden. In einem weiteren Schritt werden auch die Krankenhäuser, Krankenkassen und Apotheken im städtischen Umfeld miteinander vernetzt. Medizinische Informationen, die für die Behandlung der Patienten benötigt werden, sind so schneller und einfacher verfügbar und verhindern Fehldiagnosen oder doppelte Diagnostik – auf jeden Fall aber eine Menge Bürokratie und Kosten. 

Muss der Patient, egal wie schlecht es ihm geht, heute seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen noch postalisch auf den Weg zur Krankenkasse und dem Arbeitgeber bringen, kann das künftig auf elektronischem Weg erfolgen. Aber auch bei komplizierten Operationen kommt KI zum Einsatz. Zwar wird die Operation immer noch von Ärzten durchgeführt, KI-gestützte Techniken  sind aber oft viel präziser und unterstützen die Ärzten. So überträgt ein Operationsroboter die Bewegungen des Operateurs über mechanische Arme auf kleine Instrumente, die beispielsweise bei endoskopischen Eingriffen über schmale Zugänge in den Körper eingeführt werden.

Datenerhebung als Voraussetzung

Doch damit KI erfolgreich eingesetzt werden kann, müssen zunächst die verschiedensten personenbezogenen Daten erhoben werden: per Befragung, mit Kameras, Sensoren, Lesegeräten oder durch Speicherung von Bewegungsprofilen – im Internet oder auch ganz real, etwa beim Einkaufen. Die erhobenen Daten werden dann zusammengeführt, analysiert und für die Entwicklung von Assistenzsystemen und -funktionen genutzt. 

Ziel ist es, das tägliche Leben im privaten wie im öffentlichen Raum zu erleichtern, sicherer zu machen und die Gesundheit zu schützen. Das klingt nach einer positiven Entwicklung. Aber, will dafür jeder seine Daten – freiwillig oder unfreiwillig – preisgeben? Genau hier liegt der Grund, warum die Digitalisierung in deutschen Städten gerade im Vergleich zu vielen asiatischen Städten noch am Anfang steht. Die Menschen hier sind verunsichert, haben Angst, aber auch rechtliche und ethische Bedenken. 

In einer aktuellen Studie der Technischen Hochschule Köln wurden 1.000 TeilnehmerInnen über 18 Jahren zum Thema Datenerhebung und -speicherung befragt. Die Auswertung hat ergeben, dass die Stadtbevölkerung nicht nur die großen Mengen an Daten fürchtet, die durch die Digitalisierung aller Lebensbereiche gesammelt werden, sondern vor allem deren Verarbeitung. 80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Schutz der Privatsphäre immer schwieriger wird. Quer durch alle Altersschichten wird ein transparenter Datenschutz gefordert.

Die Digitalisierung ist die neue industrielle Revolution

Die Digitalisierung und der Einsatz Künstlicher Intelligenz hat heute eine ähnliche Wirkung auf die Gesellschaft, wie die industrielle Revolution vor mehr als hundert Jahren. Die Art, wie die Stadtbevölkerung in naher Zukunft lebt, wirtschaftet und arbeitet wird dadurch unmittelbar beeinflusst. Doch in den veränderten Lebens- und Arbeitsweisen der digitalen Zukunft müssen sich Viele erst zurechtfinden.

Das fällt jüngeren Menschen leicht. Ältere hingegen, die bisher nur wenig Zugang zu Technik, Internet und digitalen Medien hatten, werden sich schwer tun oder sind auf Unterstützung angewiesen. Die Kommunikation miteinander ist daher wichtiger, als je zuvor. 

Die Stadtbevölkerung will die digitale Revolution nicht nur erleben, sondern auch mitgestalten. Sie will vor allem wissen, welche Daten über sie erfasst und gespeichert werden und was damit geschieht. Klare und verständliche rechtliche Regelungen zum Datenschutz tragen dazu bei.

Nur im Miteinander von menschlicher und künstlicher Intelligenz als Teil der Digitalen Transformation werden Deutschlands Städte im internationalen Vergleich mithalten können. Die Zeit drängt.

Zum Thema Digitalisierung und Künstliche Intelligenz hat der VDI einen Statusreport erstellt, entsprechende Richtlinien halten die Fachbereiche Digitale Transformation und Industrielle Informationstechnik der VDI-/VDE-Gesellschaften Mess- und Automatisierungstechnik bereit.

Hier erhalten Sie die VDI-Initiative Stadt:Denken 2019 als Download.

An der VDI-Initiative Stadt:Denken haben neben haupt- und ehrenamtlichen Experten des VDI auch Vertreter aus dem Hochschul- und Unternehmensbereich sowie Stadtentwickler und Kirchenrepräsentanten mitgewirkt.

Autorin: Alice Quack
Redaktion: Thomas Kresser

Der VDI bietet am 12.12.2019 ein Policy Forum in Berlin an: Automatisiertes Fahren in der Smart City

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