Direkt zum Inhalt
Corona-Effekt

Verbessert die Corona-Krise die Luftqualität?

Bild: swa182/Shutterstock.com

Gibt es einen sogenannten Corona-Effekt auf die Luftbelastung? Man könnte meinen, dass all die Lockdown-Maßnahmen der vergangenen Wochen zu einer „sauberen“ Umwelt führen. Ein Gastbeitrag des Umweltbundesamts klärt auf.

Weniger Emissionen wirken sich grundsätzlich positiv auf die Luftqualität aus. Den Schluss, dass die gemessenen Schadstoffkonzentrationen parallel zu den Lockdown-Maßnahmen einen Rückgang zeigen müssen, kann man jedoch nicht ziehen. Denn chemische Umwandlungsprozesse und vor allem meteorologische Einflüsse überlagern immer die Auswirkung der Emissionsminderung.

Treten zum Beispiel austauscharme Wetterlagen auf, reichern sich die Schadstoffe in der Luft an. Erhöhte Konzentrationen sind die Folge. Kräftiger Wind hilft hingegen, die Schadstoffe schnell zu verteilen und lässt die Konzentrationen sinken. Diese Effekte führen zu typischen, kurzfristigen Schwankungen in den gemessenen Konzentrationswerten.

Den Corona-Effekt auf die Luftbelastung kann man daher nicht mit einem einfachen Blick auf einzelne, stündliche Messwerte quantifizieren. Zudem lässt sich eine pauschale Antwort zur Auswirkung auf die Luftqualität nicht geben. Es bedarf einer differenzierten Betrachtung einzelner Schadstoffe und deren Quellen, Quelldichte und -orte. In erster Linie sind hier Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10) zu betrachten.

Unterschiedliches Verkehrsaufkommen in den Städten

In Ballungsräumen und Städten ist der Straßenverkehr unbestritten die Hauptquelle für die Stickstoffdioxid-Belastung. Die höchsten NO2-Konzentrationen werden daher typischer Weise an viel befahrenen Straßen gemessen. Neben dem Verkehr gibt es noch weitere, über gesamte Stadtgebiete verteilte Quellen wie Industrieanlagen, Kraftwerke, verarbeitendes Gewerbe, private Haushalte, die zu einer mittleren Grundbelastung in Stadtgebieten beitragen.

Der Lockdown zur Eindämmung des Coronavirus hat sich in den Städten vor allem mit einer Reduzierung des Straßenverkehrs ausgewirkt. Busse im Nahverkehr und private Fahrzeuge waren in den Städten trotzdem, jedoch in unterschiedlichem Umfang, unterwegs. Im Fall des Lieferverkehrs ist sogar von einem erhöhten Aufkommen auszugehen. Lokal und regional kann die Verringerung des Verkehrsaufkommens in der Zeit des Lockdowns daher unterschiedlich gewesen sein.

Die NO2-Konzentration kann sehr unterschiedlich ausfallen

Untersuchungen zeigen eine Größenordnung von rund 30 bis 50 Prozent weniger Straßenverkehr in Städten. Ein regelrechter „Absturz“ der NO2-Konzentrationen in Städten kann also nicht erwartet werden. Untersuchungen aus Hessen ergaben zum Beispiel an verkehrsnahen Stationen eine Reduzierung der NO2-Konzentrationen um 30 bis 40 Prozent, die auf die verminderte Verkehrsmenge zurückgeführt wird. Regional und lokal können die Auswirkungen des Lockdowns auf die NO2-Konzentration jedoch sehr unterschiedlich ausfallen.

Mit der Lockerung der Corona-Maßnahmen ist davon auszugehen, dass der Straßenverkehr wieder auf das übliche Maß oder sogar darüber ansteigen wird und damit der Corona-Effekt wieder ausgeglichen werden könnte. Da die Emissionsminderungen durch den Lockdown nur auf einen Zeitraum von rund vier Wochen beschränkt waren, sind auf das Gesamtjahr bezogen keine nennenswerten Auswirkungen zu erwarten. Der NO2-Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit, der seit 2010 nicht mehr überschritten werden darf, bezieht sich als Durchschnittswert auf das Kalenderjahr. Es besteht daher kein Anlass, die Notwendigkeit von Fahrverboten oder Einfahrbeschränkungen in Frage zu stellen.

Es gibt zahlreiche Feinstaubquellen

Vor allem durch den Abrieb von Bremsen, Reifen und Straßenbelag ist der Straßenverkehr in Städten noch immer die dominierende Feinstaubquelle. Aber auch Holzheizungen, Kaminöfen und andere kleine Feuerungsanlagen in privaten Haushalten tragen hier erheblich zur Feinstaubbelastung bei. Zudem sind kleinere Industrieanlagen und Kraftwerke sowie das verarbeitende Gewerbe als weitere Feinstaubquellen in Städten zu nennen, die gerade die lokale Luftbelastung erheblich beeinflussen können.

Im Frühjahr kommt eine weitere Feinstaubquelle hinzu: die Landwirtschaft. Denn bei der Düngung der Felder bildet sich aus gasförmigen Vorläuferstoffen, insbesondere Ammoniak, Feinstaub. Dieser kann mit dem Wind auch in die Städte gelangen. Zudem gibt es natürliche Feinstaubquellen: etwa Staub aus der Sahara, Feinstaub als Folge von Bodenerosion, Wald- und Buschfeuern. Es ist also gut möglich, dass bestimmte Feinstaubquellen regional und zeitweise an Bedeutung erheblich zunehmen, was sich in erhöhten Feinstaubkonzentrationen trotz verringerten Verkehrsaufkommens niederschlagen kann. Dies war exakt mit dem Beginn des Corona-Lockdowns in vielen Regionen Deutschlands der Fall.

Bleibt abschließend festzuhalten: Die Maßnahmen der Corona-Krise haben sich grundsätzlich positiv auf die Luftqualität ausgewirkt; allerdings ist dies nur ein kurzfristiger Effekt. Zum Schutz der Gesundheit brauchen wir eine dauerhafte und nachhaltige Verbesserung der Luftqualität. Diese lässt sich letztlich nur mit gezielten Luftreinhaltemaßnahmen erreichen.

Autorin: Ute Dauert

Hinweis: Das Umweltbundesamt veröffentlicht die Untersuchungsergebnisse zur Auswirkung der Corona-Krise auf die Luftqualität Anfang 2021, wenn die Daten für das komplette Jahr 2020 vorliegen.

Artikel teilen
Teilen