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Umfrage

Was macht Corona mit dem Standort Deutschland?

Als eine der Folgen der Corona-Pandemie mussten wir erkennen, wie fragil unser Wirtschaftssystem doch sein kann: Von heute auf morgen stand die Industrie vor der Herausforderung, globale Lieferketten, die seit Jahren funktionieren, ad hoc neu zu gestalten. Dies hat die VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik (VDI-GPL) dazu bewogen, gemeinsam mit dem Beratungs- und Planungsunternehmen agiplan eine Umfrage innerhalb der Industrie durchzuführen.

Fragen gab es en masse, etwa die folgenden: Wie stark ist Ihr Unternehmen von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen? Wie verlief die Umstellung in puncto Homeoffice? Wie gut gelang der Umstieg sämtlicher Meetings und Konferenzen auf virtueller Ebene? Welche Randbedingungen rund um den Aspekt IT-Sicherheit mussten dazu geschaffen werden? Welche Herausforderungen gibt es hinsichtlich der Lieferketten und der Produktionssicherheit? Last, but not least: Zu welchen Konsequenzen führen die Auswirkungen der Corona-Krise in Ihrem Unternehmen?

Im Rahmen der Umfrage hat das Team aus VDI-GPL und agiplan alle diese Themen entsprechend aufbereitet und unter diversen Gesichtspunkten abgefragt. Es ging dem Team darum, einschätzen zu können, wie die Betriebe hierzulande die Auswirkungen erlebten und mit welcher Stimmung sie in die Zukunft blicken. Über 160 Teilnehmer haben sich den Fragen gewidmet und ihre Antworten eingereicht. Die Hälfte der Teilnehmer sind Geschäftsführer und Projekt- beziehungsweise Bereichsleiter; einen weiteren großen Teil stellen Angestellte dar; einige kommen aus der Vorstandsetage.

Firmen fällen Entscheidungen schneller als üblich

Es verwundert kaum, dass es bei vielen der Befragten zu gravierenden Umsatz- und Absatzeinbußen gekommen ist, obgleich es auch hier und da einen leichten Anstieg gegeben hat (jeweils fünf Prozent) respektive es zu keinen Veränderungen gekommen ist (Umsatz: 18 Prozent, Absatz: 16 Prozent). Der Auftragsbestand ist in sieben Prozent der Fälle gestiegen; zudem haben 34 Prozent angegeben, es seien keine Unterschiede zu verzeichnen. 24 Prozent geben an, der Absatz sei um 20 gesunken; 15 Prozent berichten von einem Rückgang um 40 Prozent. Jeweils fünf Prozent berichten, der Auftragsbestand sei um 60 beziehungsweise um 80 Prozent zurückgegangen.

Rückblickend lässt sich erkennen, dass sich viele Unternehmen innerhalb kürzester Zeit für Ideen entschieden haben, für die sie sich üblicher Weise deutlich mehr Zeit genommen hätten. Unter den normalen Bedingungen hätte so mancher Ansatz wahrscheinlich mehrere Monate gebraucht – sich abzustimmen, kann also auch mal richtig schnell gehen. Viele Firmen gehen ein höheres Risiko ein, probieren die ein oder andere Variante einfach aus und passen im Nachhinein Details nach. Agiles Prozessmanagement nennt man dies.

Zusätzlicher Organisationsaufwand

Da Firmen seit einiger Zeit angehalten sind, die auferlegten Corona-Sicherheitsmaßnahmen konsequent umzusetzen – was 79 Prozent der Befragten bestätigen –, zieht dies sicherlich auch Produktivitätsverluste mit sich. Dies bejaht die Hälfte der Befragten (51 Prozent). Zudem behindern die Wartezeiten auf Produktionsanläufe von Lieferanten hiesige Wiederanfahrprozesse. So sagen 34 Prozent der Befragten, sie könnten die Produktion nicht unmittelbar wiederanfahren. Zwei von fünf Unternehmen „unterscheiben“, infolge der angespannten Situation zusätzlichen Organisationsaufwand zu haben.

Andererseits hat die Corona-Krise zweifelsohne die Digitalisierung nach vorne „katapultiert“. Schließlich verlangt die Situation, dass Verantwortliche in den Firmen signifikante Abläufe im IT-Segment flexibel und dynamisch anpassen müssen: „Aus der Corona-Krise haben wir gelernt, der Digitalisierung einen noch höheren Stellenwert zu geben“, trifft für 25 Prozent eher zu und für 42 Prozent definitiv zu. Daher verwundert es wenig, dass sich ein Großteil der Befragten in naher Zukunft vor allem um Aspekte wie Automatisierung, Digitalisierung, Modernisierung und Technologieentwicklung kümmern will.

Autor: Frank Magdans

Ansprechpartner im VDI:
Jean Haeffs
Geschäftsführer, VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik (GPL)
E-Mail-Adresse: haeffs@vdi.de

Hintergrund: Infolge der Corona-Pandemie ist die Produktion im April nochmals deutlich zurückgegangen. Bereits im März war ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen. Die reale, preisbereinigte Produktion im Produzierenden Gewerbe war nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes im April saison- und kalenderbereinigt 17,9 Prozent niedriger als im Vormonat. Im Vorjahresvergleich betrug der kalenderbereinigte Rückgang sogar 25,3 Prozent. Dies sei „der stärkste Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im Januar 1991“, so das Statistische Bundesamt in einer heutigen Erklärung.

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