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Bericht der Veranstaltung: Rangierbahnhof der Havelländischen Eisenbahn / Elstal am 22.08.2024

Vor den Toren Berlins: „Rangierbahnhof Wustermark OT Elstal bei der HVLE (Havelländische Eisenbahn)“

Bild: HVLE Imageprospekt

Rangierbahnhof der Havelländischen Eisenbahn / Elstal am 22.08.2024

Vor den Toren Berlins: „Rangierbahnhof Wustermark OT Elstal bei der HVLE (Havelländische Eisenbahn)“

Der VDI-BB AK Besichtigungen war am 22.08.2024 zu Gast bei der HVLE in Elstal zu einer exklusiven Präsentation des Unternehmens und einer Besichtigung der neuesten EURO Dual Lok von Stadler/Valencia.

Herr Dipl.-Ing. Uwe Wullstein, Eisenbahnbetriebsleiter und Leiter Technik, führte uns durch das Programm mit einer Fülle von Informationen rund um den Eisenbahnbetrieb.

  • Einführung

Zum Betrieb einer privatwirtschaftlich geführten Eisenbahn auf eigenen bzw. öffentlichen der DB Netz gehörenden Gleisen sind eine Reihe von Qualifikationsnachweisen vorzuweisen, die sowohl das Material als auch des Personals betreffen. Es erfordert eine ständige Weiter- und Ausbildung, die im eigenen Interesse für einen hoch motivierten Personalstamm sorgt. Ca. 250 erfahrene Mitarbeiter sind als Lokführer, Logistik- und Betriebsführer, Rangierer und Schlosser in den Reparaturwerkstätten tätig.

Die Erfahrung der Mitarbeiter im Bahngeschäft resultiert auch aus der Historie des Unternehmens. Hervorzuheben ist auch der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens, das mit einer flachen Hierarchie auf dem Gebiet des Gütertransports als Spezialist agiert, und nicht auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, sondern in die eigene Technik investiert, um auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Der Aufsichtsrat der AG trägt dieses Geschäftsmodel, weil die Eigentümer, das Land und die Gemeinden, zukunftsorientiert und vorrangig an der Sicherung der Arbeitsplätze interessiert sind.

  • Historie

Die HVLE blickt zurück auf eine wechselvolle Geschichte seit 1892 mit der Gründung der Aktiengesellschaft der Osthavelländischen Kreisbahnen (OHKB) durch die Städte Nauen, Ketzin, dem Landkreis Osthavelland sowie einigen Zuckerfabriken der Umgebung. Dazu kam die Erweiterung des Streckennetzes durch Zukauf mehrerer Strecken in den Landkreisen Havelland/Oberhavel bis 1924 und Umbenennung der Gesellschaft in “Osthavelländische Eisenbahn AG”, kurz OHE.

Neben dem Kreis Osthavelland waren der preußische Staat, die Provinz Brandenburg sowie die Stadt Ketzin und die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) beteiligt. Obwohl sich also das gesamte Kapital im Staats- und Kommunalbesitz befand, wurde die Gesellschaft 1946 von den Sowjetischen Besatzungsmacht in der Sowjetischen Besatzungszone enteignet und die Bahnen zunächst den Landesbahnen Brandenburg, dann der Deutschen Reichsbahn unterstellt.

Nur der West-Berliner Teil der Bötzowbahn blieb der Gesellschaft erhalten, auf der auch weiterhin Güterverkehr und bis 1950 Personenverkehr betrieben wurde. Das Berliner Vermögen wurde 1948 von der britischen Militärregierung beschlagnahmt und ab dem 1. April 1950 unter die treuhänderische Verwaltung der Berliner Verkehrsbetriebe gestellt, ab dem 1. Juni 1956 unter die Verwaltung des Senators für Verkehr und Betriebe.

1972 wurde die Gesellschaft OHE unter Beibehaltung der alten Gesellschaftsanteile neugegründet und damit die Treuhänderschaft aufgehoben. Für den Betrieb waren 1982 vier vierachsige Diesellokomotiven vorhanden. Jährlich wurden zwischen 600.000 t und 700.000 t befördert.

Nach der Wende 1990 erweiterte die Gesellschaft ihren Betrieb wieder in ihr altes Betätigungsfeld, das heißt die Anteile der Deutschen Reichsbahn wurden in die OHE übernommen.

Wegen der Doppelbenennung der OHE mit der Osthannoverschen Eisenbahnen änderte die Gesellschaft ab dem 1. Januar 2006 den Namen in Havelländische Eisenbahn AG (HVLE). Die Lokomotiven erhielten damit auch ein neues Farbschema.

Spektakulär war der Kauf des Rangierbahnhofs Wustermark im Jahr 2008. Die DB AG wollte den Bahnhof unmittelbar vor den Toren Berlins stilllegen. Mit dem Kauf konnten auf 150 Kilometern Gleisen neue Verkehrsprojekte generiert werden. Ab dem 1. April 2005 wurde der Kalktransport auf der sogenannten Rübelandbahn zwischen Blankenburg und Elbingerode im Harz schrittweise von der HVLE übernommen.

Die HVLE verfügt heute über einen beachtlichen Triebwerkspark und eigene Eisenbahngüterwagen für die verschiedensten Transportaufgaben.

  • Geschäftsfelder

Der Gütertransport im Nah- und Fernverkehr ist heute das zentrale Geschäftsfeld der HVLE, dazu gehören Schwerlastbereich (Schüttgüter) sowie bei Gefahrgütern und Spezialtransporte, kundengerechte Logistikkonzepte, Traktionsgeschäfte, Vermietung von Loks und Personal, Rangierdienste auf dem größten privat geführten öffentlichen Rangierbahnhof in Deutschland.

  • Projekte der Abteilung Forschung und Entwicklung

Entwicklung eines optimierten Schüttgutwagens,
Studie zum Verschleißverhalten von Radsätzen,
Projekt zur Entwicklung von Fahrassistenzsystemen,
Projekt zur Optimierung der Aerodynamik von Güterwagen,
Forschungsprojekt zur automatischen Wagenerkennung mittels RFID.

  • Besichtigung der neuen Stadler EuroDual (Diesel/Elektro)

Vor dem Gebäude war die neueste Stadler EuroDual für uns zur Besichtigung vorgefahren. Diese Maschine wurde unter Mitwirkung und Erprobung bei der HVLE als sechsachsige Hybridlokomotive bei Stadler/Valencia hergestellt. Auf dem Führerstand der neuen Maschine konnte das Gefühl vermittelt werden, dass mit dem kleinen Finger die gewaltige Leistung beherrscht wird. Die Leistungsdaten sind:

Loktyp:

159

Vmax:

120

Bremsgewicht:

P 142 G 118

Eigengewicht in t:

123

Leistung:

KW 7000 | PS 2800

Ein herzlicher Dank ging an Herrn Wullstein für die bereitwilligen Antworten auf die vielen Fragen und den Blick in die Praxis der Arbeitswelt eines gestandenen Eisenbahners.

 

Dipl.-Ing. Uwe Rechentin

Stellv. Leiter Ak-Besichtigungen

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