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Autos benutzen statt zu besitzen:

So geht CO2-freie Mobilität der Zukunft

Hemmingen.  „Wie kann die Mobilität der Zukunft aussehen – und was sind eure Ideen dazu? Darauf gibt uns heute Bernd Lange, Vorsitzender des Handelausschusses im Europäischen Parlament und Vorstandsmitglied des Vereins Mobile Welten in Niedersachsen Auskunft.“ Mit diesen Worten kündigte Gregor Ceylan, Schulleiter der KGS Hemmingen, den prominenten Gast an.

Hintergrund für die Einladung von Bernd Lange durch Prof. Dr. Uwe Groth, Landesvorsitzender des VDI Niedersachsen, ist der Wettbewerb „Jugend gestaltet Zukunft“ an der KGS. Dabei geht es darum, wie wir uns in Zukunft fortbewegen, ernähren und wohnen.
Bernd Lange begrüßte die Schülerinnen und Schüler und stieg sofort ins Thema ein. „Wie wir zukünftig leben – Mobilität spielt dabei eine wichtige Rolle. Zum einen geht es dabei um Jobs, die man sonst nicht bekommt. Zum anderen steht Mobilität für Freiheit – Urlaubsziele, die man sonst nicht erreichen kann.“ Blicke man 120 Jahre zurück, dann seien die Menschen damals gerade mal zwei Kilometer rund um ihren Heimatort weit gekommen. Mobilitätstreiber seien dann die Eisenbahn, das Fahrrad und schließlich das Auto geworden. Bereits in den 1920er Jahren sei mit dem Hanomag in Hannover die Fließbandfertigung für ein preiswertes Automobil entstanden.

Wie soll es morgen weitergehen? 

Das Bedürfnis nach Mobilität habe das Arbeits- und Freizeitverhalten der Menschen verändert. „Unsere Familie ist in den Ferien mit dem Käfer nach Jesolo in Italien zu den Großeltern gefahren“, erinnert sich Lange. Doch Benzin- und Dieselabgase sorgten durch die Umweltverschmutzung für ansteigende Meeresspiegel und eine Erwärmung der Atmosphäre. Das 1,5 Grad Ziel sei bereits gerissen, Extremwetterlagen die Folge. 25 Prozent der Abgase entständen durch Verkehrsimmissionen, 71 Prozent davon durch den Pkw-Verkehr. „Wie soll es morgen weitergehen? Das fragen wir uns in der Europäischen Union intensiv“, sagte der Politiker.      

Autonomes Fahren soll weltweit möglich werden

Nur zehn Prozent der Deutschen nutzten den ÖPNV, da dieser oft nur in urbanen Räumen möglich sei. „Unsere Mobilität fokussiert sich auf den Pkw. Klimaveränderungen können wir nur durch weniger C02-Abgase erreichen. Ein Viertel aller zurückgelegten Strecken liege unter drei Kilometern. Elektrofahrzeuge und E-Roller garantierten eine Mobilität ohne CO2-Emissionen. Benutzen statt besitzen müsse daher die Devise lauten. Ebenso effektiv sei auch autonomes Fahren. Das reduziere gleichzeitig Unfälle. Zwar seien autonome Rufbusse noch Zukunftsmusik. „Da sind wir aber dran“, informierte Lange. In Hamburg beginne der Mobilitätsdienstleister Moia ab 2025 mit autonomen Fahrten nach dem Vorbild von San Francisco, wo bereits autonome Taxis unterwegs seien. 

Das Jahr 2040 habe sich die EU zum Ziel gesetzt, um autonomes Fahren europaweit zu ermöglichen. Fahrzeuge seien mit elektronischen Hilfsmitteln ausgestattet. Eine verlässliche Kommunikation laufe dazu über ein GPS Galileo-System. Individuelle Fahrzeuge werde es zwar noch geben, sofern diese CO2-neutral seien. Für das große EU-Ziel Klimaneutralität 2050 spiele der Verkehr eine entscheidende Rolle. Bereits ab 2035 gebe es EU-weit keine Neufahrzeuge mit Verbrennermotor mehr. Für Stadtbusse gelte ein CO2-freier grüner Elektroantrieb bereits ab dem Jahr 2030. „Grüner Strom – das ist der Strom, der aus alternativen Energien erzeugt wird“, erläuterte der Europa-Parlamentarier. Synthetische Kraftstoffe – sogenannte E-Fuels – seien langfristig keine Perspektive, da sie eine weitere Verarbeitungsstufe erforderten. Eine mögliche Alternative seien Fahrzeuge mit einer Brennstoffzelle, bestrieben mit Wasserstoff.

Wir brauchen Ingenieure und Ingenieurinnen

„Für diese und weitere Lösungen brauchen wir tatkräftige Ingenieure und Ingenieurinnen in Europa. Dazu kann ich euch nur ermutigen“, wandte sich Lange direkt an die Schülerinnen und Schüler. Ein großes Vorbild für ihn sei Norwegen. „82 Prozent der Fahrzeuge in 2023 waren dort Elektroautos“, schwärmt der EU-Abgeordnete. In Norwegen gebe es Kaufanreize und genügend Ladestationen. In China seien 2023 erstmals mehr Elektro- als Verbrennerfahrzeuge neu zugelassen worden.

Im Anschluss an Bernd Langes Vortrag stellten die Schüler Fragen wie zum umweltzerstörerischen Lithiumabbau in Chile. Lithium ist wichtig für das Betreiben von Computern, Handys und den Akkus oder Batterien von Elektrofahrzeugen. „Bei besseren Umweltbedingungen wird die EU künftig Lithium in Chile kaufen – und nicht mehr über den Verarbeitungsumweg China“, kündigte Lange an. Rund 40 Prozent des globalen Lithiums werden in Chile abgebaut.   „Ich bin gespannt auf eure Ideen zum Wettbewerb „Jugend gestaltet Zukunft“ sagte der EU-Politiker zum Abschluss. „Ihr könnt auch mit künstlicher Intelligenz arbeiten. Wir freuen uns auf eure Ergebnisse“, ergänzte ihn Uwe Groth vom VDI.

Harald Langguth

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