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Bericht vom Online-Talk mit Sarah Ryglewski

Nachhaltiges Wirtschaften und Umweltschutz durch Technologie ist der Weg in die Zukunft

Unsere Bundestagsabgeordnete Sarah Ryglewski vertritt nicht nur ihren Bremer Wahlkreis im Deutschen Bundestag in Berlin, sie ist zusätzlich auch als Staatsministerin im Bundeskanzleramt zuständig für die Bund-Länder-Zusammenarbeit und nachhaltige Entwicklung. Nachhaltigkeit ist auch ein sehr wichtiges Thema im VDI und darum hatten wir Frau Ryglewski zu Gespräch und Diskussion mit VDI-Mitgliedern eingeladen. Der Gesprächsbedarf war groß, die Zeit war knapp und trotzdem gelang es, innerhalb einer Stunde eine Vielzahl von Aspekten nachhaltiger Wirtschaft und ökologischer Transformation anzudiskutieren.

Nach der Vorstellung durch VDI Vorstandsmitglied Dr. Eberhard Karbe gab die Staatsministerin einen kurzen Überblick über aktuelle Maßnahmen und Planungen der Bundesregierung. Diese beruhen auch auf der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie, einem Konzept, dass alle zwei Jahre fortgeschrieben wird unter Beteiligung aus Wissenschaft, Wirtschaft und der gesamten Gesellschaft. Unstrittig ist es, dass wir Gas geben müssen, die Strategie wird bis Jahresende 2024 upgedatet. Die Zielbeschreibung im Bereich Klimaschutz wird präzisiert und es kommt noch die soziale Dimension der Nachhaltigkeit hinzu. Im Rahmen der Strategiebildung hat Frau Ryglewski die Aufgabe, alle Dimension zu integrieren und in die Regierungsstrategie einzubringen.

Sehr wichtig sei hier die Kreislaufwirtschaft, die bisher zu wenig als industriepolitisches Thema behandelt wird, Wertstoffe müssen besser recycelt werden. Deutschland kann mit der aggressiven America-only-Strategie nicht konkurrieren und muss eigene Wege finden. Bund und Länder haben sich auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das in den Rahmen der EU-Politik passt. REPowerEU fördert Zukunftstechnologien, auch zur Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen. Der Aufbau des Wasserstoffkernnetzes startet. Es gibt viel zu tun.

Frau Ryglewski beantwortete eine Fülle von Fragen in kurzer Zeit. Bekommen weitere Stahlwerke wie das in Bremen Fördermittel des Bundes? Eine Reihe von Unternehmen aus verschiedenen Industriebereichen bekommen Unterstützung beim ökologischen Umbau, wenn funktionsfähige Konzepte vorliegen. Bei Acelor waren Führung, Belegschaft und Betriebsrat sich einig, dass Wasserstoffanwendung der richtige Weg ist. Die Bundesregierung arbeitet an der Senkung der Energiepreise und daran, autark zu werden durch die Nutzung erneuerbarer Energien, Acelor hier am Standort will das auch.

Grüner Wasserstoff ist sehr aufwendig zu erzeugen und entsprechend teuer. Deswegen braucht es mehr Effizienz bei der Nutzung, weniger Verbrennung. Die Anwendungsbereiche müssen noch definiert werden.

Welchen Freiheitsgrad hat die Bundesregierung im Nachhaltigkeitsbereich bzw. wieviel ist diesem Umfeld bereits durch die EU vorgegeben? Deutschland hat hier viel Freiheit, entwickelt Maßnahmen auch mit der EU zusammen. Das Lieferkettengesetz ist Teil der Nachhaltigkeit und eine EU-Regelung wäre wünschenswert.

Wie will die Bundesregierung die Erreichung von Nachhaltigkeitszielen mit der Sustainable Finance verknüpfen und welche Hürden gibt es? Bei der Finanzierung von Transformationsprojekten wird meistens über öffentlich Förderung gesprochen, es werden aber auch privatwirtschaftliche Mittel gebraucht. Der Sustainable Finance-Beirat berät die Bundesregierung bei der Entwicklung von Kriterien für nachhaltige Investitionen. Zukunftsfähige Projekte können eine Entwicklungsfinanzierung bekommen. Es gibt Partnerländer für Wasserstoffproduktion, deren politische Stabilität unterstützt wird z.B. durch Hilfen zur Entschuldung.

Die öffentlich ausgetragene politische Diskussion sei oft geprägt von Populismus und Faktenleugnung. Inwieweit ist hinter den Kulissen eine inhaltlich zielorientierte Diskussion und Entscheidungsfindung unter diesen Rahmenbedingungen überhaupt möglich? Die Bundesregierung organisiert z.B. eigene Beratungsrunden mit Fachleuten mehrmals im Jahr. Dazu gehört auch, möglichst viele unterschiedliche Positionen aus dem Lobbybereich anzuhören, zu bewerten und ggfs. zu berücksichtigen, der VDI wird in diesem Rahmen auch als ein Akteur wahrgenommen. Der VDI kann die Nachhaltigkeitsbemühungen der Bundesregierung mit seiner Expertise durchaus unterstützen, die Regierung lässt sich gerne von Fachleuten beraten.

Wie sieht die Planung aus, um den "Grünstrom" auch tatsächlich in der gesamten Bundesrepublik zu verteilen und so grünen Wasserstoff zu erzeugen, der bisher eher im Norden produziert wird? Per Gesetz wurde festgelegt, dass bis 2025 die Ausbauziele in Eigenregie der Bundesländer liegen, z.B. bezüglich verwendeter Fläche und verwendeter Energieträger. Wenn die Länder sich nicht genug Mühe geben, der wird der Bund anschließend Vorgaben machen.

Frau Ryglewski kommt aus Köln, sie hat als Kind auf den Braunkohletagebau geguckt, den Menschen wurde ihre Heimat dort geradezu weggebuddelt. Und heute beschweren die Leute sich über Windräder und Stromtrassen. Daran muss man sich jetzt auch mal gewöhnen und diese Diskussion wird rustikaler werden. Wenn Süddeutschland bei Ausbau und Nutzung erneuerbarer Energien nicht mitmacht, dann wird der Strom dort vor Ort für die Industrie einfach knapp.

Gerade für die Norddeutschen Bundesländer wäre eine geteilte Strompreiszone für Deutschland gut und auch ein Pull Faktor bezüglich energieintensiver Industrie. Dazu gibt es heiße Diskussion unter den Bundesländern, verschiedene Zonen wären denkbar. Nicht alle Regionen können gleichermaßen ausbauen, aber gar keine Beteiligung am Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien wird in Zukunft nicht mehr akzeptiert werden.

Die Bedeutung der Fernwärme ist derzeit regional recht unterschiedlich. Es gibt Ausbauplanungen, so dass Haushalte sich darauf einstellen können. Auch Geothermie kann in Erwägung gezogen werden, wenn technologieoffen geplant wird und auch hier ein Beitrag zum Gesamtvolumen möglich ist.

Zum Schluss wies die Staatsministerin darauf hin, dass es große Veränderungen schon immer gegeben hat. Wir können das bewältigen, auch indem wir vorrangig über Lösungen und Möglichkeiten diskutieren und verhandeln. Dr. Karbe und die Teilnehmenden bedankten sich für das Gespräch und hoffen auf eine Fortsetzung im kommenden Jahr.

Bericht: Anja Riemer

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