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Digitalisierung im Schiffbau

Mit "0" und "1" in die maritime Zukunft

Bild: Engineer studio/Shutterstock.com

Wie in fast allen Bereichen der modernen Industrie ist auch im Schiffbau Digitalisierung ein Thema. Auch hier wird die Digitalisierung bereits gewinnbringend eingesetzt: Von der digitalen Planung mit multidisziplinären Entwicklungsteams an verschieden Standorten, über dynamische Routenoptimierung auf der Basis von Umweltdaten, bis hin zum digitalen Zwilling, der über die gesamte Lebenszeit Sensordaten an Kommandozentralen übermittelt.

Das Wort Digitalisierung besteht aus 15 Buchstaben oder dieser Binärfolge 01000100 01101001 01100111 01101001 01110100 01100001 01101100 01101001 01110011 01101001 01100101 01110010 01110101 01101110 01100111 00100000. Nahezu alle elektronischen Geräte, die wir heute benutzen, verwenden nur zwei logische Zustände 0 oder 1 oder wie klassische Maschinenbauer*innen sagen: „an“ oder „aus“.

Diese beiden Zustände bilden die Grundlage der Digitalisierung. Dabei ist es egal, ob man gerade an einer Videokonferenz teilnimmt, an der Smartwatch die aktuelle Sauerstoffkonzentration im Blut abliest oder ein KI-Algorithmus heute schon weiß, was der Kunde morgen bestellt. Alles basiert nur auf diesen zwei logischen Zuständen 0 und 1 (ausgenommen Quantencomputer). Gleiches gilt für Kryptowährungen. Man kann sie zwar nicht anfassen, trotzdem liegen Milliarden auf digitalen Konten. Inzwischen gibt es sogar Fachliteratur, die von Maschinen geschrieben wird.

Digitalisierung – eigentlich trivial und doch so kompliziert. Willkommen im digitalen Zeitalter, das auch vor Ingenieur*innen im Schiffbau keinen Halt macht!

Stahl, der digital schwimmt oder digital schwimmender Stahl?

Unter Schiffbauingenieur*innen sagt man gerne „Schiffbau kann mehr, als Stahl schwimmen lassen“.

Schätzungen gehen von einem jährlichen Umsatzvolumen von bis zu 50 Milliarden Euro und von bis zu 400.000 Arbeitsplätzen aus, die direkt oder indirekt von der maritimen Wirtschaft abhängig sind. Sie gehört damit zu einem der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland. Die maritime Wirtschaft wird geprägt durch eine moderne, vielfach auf Hochtechnologie-Produkte spezialisierte Schiffbau- und Schiffbauzulieferindustrie mit überwiegend starken Positionen im weltweiten Wettbewerb, international führende Schifffahrtsunternehmen, insbesondere im Bereich der Containerschifffahrt, eine leistungsfähige Hafenwirtschaft und Logistik sowie eine innovative meerestechnische Industrie und renommierte maritime wissenschaftliche Forschungs- und Ausbildungseinrichtungen.1 

Autonom fahrende und unbemannte Fahrzeuge in Häfen sind heute schon Standard. Ähnlich sieht es für Schiffe aus. Eins der bekannteren Großprojekte ist die „Yara Birkeland“, ein Schiff mit 80m Länge, welches autonom zwischen zwei Häfen verkehrt, vollautomatisiert be- und entladen und dabei noch batterie-elektrisch angetrieben wird. Ähnliche Projekte gibt es bereits in der Binnenschifffahrt, bei Personenfähren und Drohnen, die unterschiedliche Aufgaben selbständig erfüllen. Dazu zählen Explorationen wie zum Beispiel das Aufspüren von Öl- und Gasfeldern, Durchführen unterschiedlicher Umweltmessungen und die Unterstützung bei Rettungsmissionen.

Ist die Zukunft im Schiffbau digital?

Die Antwort lautet: Ja! Sogar sehr digital! Und die Zukunft im Schiffbau und Schiffstechnik wird noch viel digitaler. Die Digitalisierung drängt schon in viele Bereiche, die mit dem Schiffbau und der Schiffstechnik verwandt sind. Kein moderner Großdiesel funktioniert ohne „0“ und „1“. In modernen Häfen verlässt kein LKW das Hafengelände, wenn die Reifen nicht in Ordnung sind. Dies sind nur einige Beispiele an der Oberfläche und dabei sprechen wir noch nicht von den viel genutzten Schlagworten wie IoT, digitaler Zwilling, Cloud und KI, mit deren Hilfe sich noch weitere Wertschöpfung erreichen lässt. Tatsache ist, dass 90% des Welthandels über den Schiffsverkehr abgewickelt werden.

Tatsache ist auch, dass der Begriff „Digitalisierung“ große Verwendung findet und je nach Kontext unterschiedlichste Emotionen auslöst. Man sollte weder Angst haben noch davon ausgehen, dass sich ab 2050 alle Schiffe von allein bauen und fahren. Wichtig ist doch, dass man sich kontinuierlich und auf fachlich hohem Niveau damit beschäftigt. Das gilt für angehenden Ingenieur*innen über moderne Hafenbetreiber bis hin zum erfahrenen Kapitän gleichermaßen.


„Maritime Wirtschaft“ https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/maritime-wirtschaft.html (abgerufen 23.08.2021)

Autor: Maurice Bajohr, stellv. Vorsitzender des VDI-Fachbeirats Schiffbau und Schiffstechnik

Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Fachbereich Schiffbau und Schiffstechnik
E-Mail-Adresse: jaeckel@vdi.de  

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