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Dekarbonisierung

Alternative Kraftstoffe und Technologien in der Schifffahrt

Bild: Dawid K Photography/Shutterstock.com

Die Dekarbonisierung der Schifffahrt ist eine der größten Herausforderungen für die maritime Branche und erfordert zum Teil disruptive Innovationen. Die Menge des ausgestoßenen CO2 pro Tonne Fracht ist in der Schifffahrt im Vergleich zu anderen Transportmitteln zwar niedrig. Dennoch müssen große Anstrengungen unternommen werden, um die Schifffahrt perspektivisch CO2-neutral betreiben zu können.

Eine große Herausforderung stellt zudem der hohe Ausstoß an Luftschadstoffen wie Schwefeloxiden, Stickoxiden und Feinstaub dar. Weitere Verschärfungen der Emissionsgrenzwerte sind hier nicht auszuschließen beziehungsweise zu erwarten. Die Schifffahrtsbranche ist sich ihrer Verantwortung zur Einhaltung der Klimaziele des Pariser Abkommens und zur Reduktion von Schadstoffen bewusst, sodass seit Jahren Alternativen zu Schweröl und Diesel gesucht werden. Marine Gas Oil, Flüssigerdgas (LNG, liquefied natural gas), Wasserstoff, Ammoniak und Methanol sind in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt.

Synthetischer Brennstoff noch zu teuer

Die IMO (International Maritime Organization) sieht sich bei der Reduzierung der CO2-Emissionen in der Verantwortung, die Treibhausgas- emissionen signifikant zu reduzieren. Hierzu forschen und entwickeln die großen Motoren- und Kraftstoffhersteller an zukünftigen Lösungen, aber auch mittelständische Unternehmen haben sich diesem Thema zugewandt. Ein zentrales Thema ist es, den Preisunterschied zwischen konventionellen, fossilen Brennstoffen und synthetisch produzierten Brennstoffen über Anreizmechanismen wie eine CO2-Besteuerung zu reduzieren. Im Rahmen des Green Deals der Europäischen Kommission wird dieses Thema aufgegriffen.

Die Frage, welche alternativen Brennstoffe für welchen Anwendungsfall wann verfügbar sein werden und mit welchen Kosten zu rechnen ist, wurde daher innerhalb der Veranstaltung intensiv diskutiert. Es werden sich wohl verschiedene Brennstoffe für den jeweiligen Anwendungsfall durchsetzen. Sehr anschaulich dargestellt wurde dies beispielsweise durch die Bodensee-Schiffsbetriebe (BSB), welche auf elektrische Antriebe, LNG und Methanol setzen – je nach Schiffsgröße und Fahrtgebiet innerhalb des Bodensees. Die Bodensee-Schiffsbetriebe konzentrieren sich auf der Kurzstrecke stark auf batterieelektrische Lösungen. Für diesen Anwendungsfall stellt dies, aufgrund des begrenzten Fahrtgebietes und der regelmäßig wiederkehrenden Hafenanläufe, eine effiziente Lösung dar.

Brennstoffzellenantrieb im Test

AIDA Cruises und das bei der Carnival Maritime GmbH angesiedelte technische Schiffsmanagement befassen sich ebenfalls sehr intensiv mit dem Thema emissionsneutrale Schifffahrt. Mit der AIDA NOVA ist das erste LNG-betriebene Kreuzfahrtschiff in Fahrt gebracht worden. An Bord der AIDA NOVA werden derzeit methanol-betriebene Brennstoffzellen, die perspektivisch für die Energieversorgung des Hotelbetriebes eingesetzt werden können, in der Praxis erprobt. Es wurde allerdings klar aufgezeigt, dass verschiedene Antriebslösungen vorstellbar sind – als Anwender stehen sie jedoch vor der Herausforderung auf das „richtige Pferd“ zu setzen. Bei dieser Wette sind die Einsätze zudem finanziell hoch. 

Klassifikationsgesellschaften müssen sich ebenfalls im Hinblick auf eine breite Vielzahl von Antriebslösungen und Brennstoffen anpassen. Die Beratung der Kunden zu geeigneten Lösungen und Konzepten sowie deren Zulassung sind dabei sehr wichtig. Noch nicht alle alternativen Brennstoffe sind bereits international zugelassen und als maritimer Brennstoff verhältnismäßig einfach einsetzbar. Für Ammoniak und Wasserstoff gibt es beispielsweise noch keine Vorgaben der IMO.

MCN/VDI-Veranstaltungsreihe

Um den technisch-wissenschaftlichen Austausch und die wechselseitige Unterstützung zwischen den Mitgliedern, Fachgruppen und Gremien des Vereins Deutscher Ingenieure e.V. (VDI) und des Maritimen Clusters Norddeutschland (MCN) zu intensivieren, organisieren die beiden Kooperationspartner im Jahr 2021 eine gemeinsame Webinarreihe zu Themen der maritimen Welt. Denn gerade im branchenübergreifenden Erfahrungsaustausch lassen sich oftmals interessante, unkomplizierte Lösungsansätze für eigene Herausforderungen erfahren und ableiten.

MCN und VDI werden im Jahr 2021 zwei weitere Webinare durchführen. Am 16. September wird der aktuelle Stand rund um das automatisierte Fahren auf dem Wasser und am 18. November rund um das Thema Biofouling gegeben. Eine Anmeldung erfolgt über die Webseite der Veranstalter und ist kostenfrei.

Eine ausführliche Berichterstattung dieser Veranstaltung und auch der Veranstaltung zum Thema Brandschutz von Elektroautos auf Fähren erscheint in Ausgabe 7/8 der Zeitschrift Schiff und Hafen, die VDI-Mitglieder im Rahmen ihrer Mitgliedschaft mit vier Ausgaben pro Jahr kostenfrei erhalten können, sofern sie dies in MeinVDI ausgewählt haben.

Autoren: Henning Edlerherr, Maritimes Clusters Norddeutschland e.V., Elsfleth;  Dipl.-Ing. Simon Jäckel, Verein Deutscher Ingenieure e.V., Düsseldorf

Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Fachbereich Schiffbau und Schiffstechnik
Tel. +49 211 6214-535
E-Mail: jaeckel@vdi.de

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