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Gefährdungen und Schutzmaßnahmen

E-Autos auf Fähren

Bild: Dmytro Stoliarenko/Shutterstock.com

Der Transport von Elektrofahrzeugen auf Passagierfähren birgt ein zusätzliches Risiko für Passagiere an Bord. So können Gefährdungen durch Brand auftreten. Die Autoren beschreiben, wie Brandschutzmaßnahmen präventiv eingesetzt werden können und welche zivil- und strafrechtlichen Haftungsfolgen im Schadenfall zu erwarten sind.

Gefahrgut Elektroauto

Die fortschreitende Einführung von Elektrofahrzeugen –gemeint sind hier Fahrzeuge mit leistungsstarken Lithium-Ionen-Batterien- bringt es mit sich, dass solche Fahrzeuge auch zunehmend auf den Autodecks von Fähren transportiert werden. Weil diese Fahrzeuge meist Personenkraftwagen sind, erscheint es wahrscheinlich, dass solche Fahrzeuge nicht auf reinen Frachtfähren transportiert werden, sondern sicherlich auf so genannten RoRo-Fahrgastschiffen. Das sind Fähren, die neben unterschiedlicher rollender Ladung auch eine große Anzahl von Menschen transportieren. Inzwischen wird auch an verschiedenen Stellen darüber nachgedacht, ob nicht auch E-Autos auf Fähren mit speziell dafür entwickelten Ladestationen während der Fahrt aufgeladen werden können.

Von daher ist die Frage berechtigt,  ob sich aus dem Transport dieser Fahrzeuge auf Passagierfähren ein zusätzliches Risiko für die Menschen an Bord ergibt. Das zentrale Problem dabei ergibt sich sicherlich aus dem Brandschutz. Weil es noch nicht sehr viele Elektrofahrzeuge gibt, lässt sich nicht sagen, ab das Risiko für das Eintreten eines Fahrzeugbrandes nun größer oder geringer ist als bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen. Als gesichert kann jedoch gelten, dass ein Vollbrand eines Elektrofahrzeuges erheblich unangenehmere Nebenwirkungen hat.

Wenn sich eine Lithium-Batterie durch einen technischen Defekt zersetzt, treten Temperaturen bis zu 800 Grad auf, wodurch die Zelle zersetzt wird und dann unter Druck abbläst. Dabei wird der Elektrolyt freigesetzt. Dieser ist leicht entzündlich. Besonders problematisch ist, dass bei Kontakt mit Wasser dann die extrem giftige und hochgefährliche Flusssäure sowie Phosphorsäure (H3PO4) entsteht [HFUK Nord: Der Sicherheitsbrief: Gemeinsame Informationsschrift für Sicherheit und Gesundheit im Feuerwehrdienst. Nr. 46, S. 8ff].

Brandbekämpfung an Bord

Nun hat die schiffbauliche Brandbekämpfung die Besonderheit, dass es an Bord anders als an Land nicht möglich ist, den Brand von außen zu löschen. Daher zielt die schiffbauliche Brandbekämpfung immer darauf, das Feuer durch Sauerstoffentzug zu ersticken und die betroffenen Räume dicht zu machen. Letzteres ist gerade bei den offenen Fahrzeugdecks nicht möglich, weswegen sich solche Brände nur sehr schwer bis gar nicht löschen lassen. Weil sehr viele Fahrzeuge sehr dicht aneinander stehen, ist die Brandlast auf Autodecks sehr hoch. Gleichzeitig ist ein einzelnes brennendes Fahrzeug nicht zugänglich. Auf Fahrzeugdecks werden daher zur Brandbekämpfung leistungsstarke Sprinkler-Anlagen eingesetzt. Gelingt es jedoch nicht, den Brand mittels Sprinklerwasser zügig unter Kontrolle zu bringen, dann gefährdet das ausgebrachte Löschwasser die Stabilität des Schiffes, denn große, freiflutende Wassermengen können zu extrem großen Schlagseiten führen. Daher wird das ausgebrachte Löschwasser über Abzugsgräben außenbords  gepumpt, diese setzten sich aber im Laufe der Zeit mit durch den Brand freigesetzten Fremdkörpern zu, wodurch sich das Löschwasser auf Deck ansammelt. Außerdem greift das Feuer dann auf benachbarte Fahrzeuge über.

Gefahr durch Flusssäure

Im Falle eines Batteriebrandes auf einem Fahrzeugdecks ist also mit  Sicherheit davon auszugehen, dass erhebliche Menge an Flusssäure entstehen werden. Wenn es gelingt, den Brand unter Kontrolle zu bringen, muss man davon ausgehen, dass das gesamte Fahrzeugeck kontaminiert ist, weil Flusssäure bereits in geringsten Mengen gesundheitsschädlich ist. Gelangt die Flusssäure mit dem Löschwasser in die Umwelt, sind ebenfalls erhebliche Schäden zu erwarten.

Weiterhin ergibt sich das Problem, dass unter Umständen große Mengen an kontaminiertem Löschwasser sowie möglicherweise größere Mengen an abgebrannten und dann ebenfalls kontaminierten Fahrzeugen umweltgerecht entsorgt werden können. Ob es dafür hinreichend viele zertifizierte Entsorgungsbetriebe gibt, darf bezweifelt werden. Andere an Bord verwendete Löschmittel (Kohlendioxyd, Schaum) sind ebenfalls zum Löschen derartiger Brände nicht geeignet.

Eine besondere Gefährdung  für die Passgiere ergibt sich dann, wenn beim Löschen entstehende Flusssäure-Aerosole über nicht gasdichte oder nicht ordnungsgemäß verschlossene Türen in die zentralen Treppenschächte und dann in die Passagierbereiche gelangen würden. Denn immer wieder werden trotz eindeutiger international verbindlicher Regelungen Türen vom Fahrzeugdeck in die Passagierbereiche durch die Schiffsbetreiber nicht konsequent geschlossen gefahren, weil lokale Behörden aus irgendwelchen Gründen Ausnahmegenehmigungen erteilt haben.

Im Falle eines Vollbrandes eines Batteriefahrzeuges wären die Passagiere dann auf solchen Schiffen einem unverhältnismäßig hohem Risiko ausgesetzt, denn Flussäure ist bereits in geringsten Konzentrationen beim Einatmen gesundheitsgefährdend.   Daher erscheint es dem Autor angesichts dieser Risiken folgerichtig, E- Autos an Bord von Passagierschiffen zunächst konsequent als Gefahrgut anzusehen und entsprechend zu behandeln.

Die vorstehenden Ausführungen haben in ihrer Stringenz und Deutlichkeit veranschaulicht, welche Gefährdungen auftreten können. Ebenso wurde aufgezeigt, mit welchen geeigneten Schutzmaßnahmen eines besonnen handelnden Verantwortungsträgers präventiv absehbar eintretenden Schadensverwirklichungen erfolgreich entgegengewirkt werden kann. Das dieses Erfordernis auf der Basis der geltenden Rechtsordnung gegeben und erfolgversprechend umzusetzen ist, sollen die nachstehenden Ausführungen aus dem juristischen Blickwinkel veranschaulichen.

Zivilrechtliche Verschuldenshaftung

Seit weit über 100 Jahren ordnet das BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in dem Regelungsbereich des Deliktsrechts ein vorwerfbares fehlerhaftes Verhalten (Verschulden) eine entsprechende Schadenersatzpflicht zu. Schaden ist hierbei der Verlust oder die wesentliche Beeinträchtigung eines Rechtsguts. Einige in dem § 823 BGB benannten Rechtsgüter sind das Leben, die körperliche Integrität und aber auch das Eigentum. Das zivilrechtliche Haftungsrecht ist somit eine von unserer Rechtsordnung gewollte und über die gefestigte Rechtsprechung etablierte Zuordnung der Verantwortung für Geschehnisse und deren Folgen.

Hierbei überrascht es nicht, dass dann ein Fehlverhalten vorwerfbar ist – auch wenn der Handelnde die Herbeiführung des Schadeneintritts nicht gewollt hat –, wenn aus fachlicher Sicht der Eintritt eines solchen Schadens absehbar ist und durch geeignete Vorsichtsmaßnahmen hätte abgewendet werden können oder in seinem Ausmaß zumindest begrenzbar war. Das Handeln als Fehlverhalten wird dann einem Nichthandeln (Unterlassen) gleichgesetzt, wenn aus einer besonderen Fürsorgepflicht als Verantwortungstragender (Garantenstellung) eine Pflicht abgeleitet werden kann, die ein präventives Entgegenwirken im Hinblick auf die Schadenverwirklichung einfordert.

Folglich muss sich den Verantwortungsträgern stets die Frage stellen, ist mein Handeln so ausgerichtet, dass aus der Nachschau betrachtet dieses als ausreichend vorsichtig und fachlich genügend zu erkennen ist, also hierdurch die gebotene Sorgfalt im Zusammenhang mit der Erfüllung der Erfordernisse eingehalten wird. Wird nach einem Schadeneintritt durch sachverständige Bewertungen und richterliche Würdigungen festgestellt, dass es an der erforderlichen Sorgfalt gemangelt hat, wird ein derartiges Verhalten als fahrlässig erkannt und Fahrlässigkeit ist eine Verschuldensform.

Strafrechtliche Verantwortlichkeit

Die zuvor beschriebenen Grundsätze zu den Rechtsgütern, der einzuhaltenden Sorgfalt und dem Vorwurf durch fehlerhaftes Handeln einen Schaden ursächlich bedingt zu haben und dafür auch strafrechtlich verantwortlich gemacht zu werden, decken sich in weiten Teilen mit den Prinzipien des Strafrechts. Größter relevanter Unterschied ist, dass sich im Zivilrecht der Geschädigte, der sich auf einen Schadenersatzanspruch beruft, verpflichtet ist die haftungsrechtliche Zuordnung (haftungsbegründende Kausalität) zu beweisen.

Im Strafrecht ist es umgekehrt: Weil der Staat das alleinige Strafverfolgungsmonopol hat, obliegt es auch ihm den Nachweis darüber zu führen, dass die von ihm eines strafbaren Handelns bezichtigte Person gegen geltendes Recht verstoßen hat. Im Zivilrecht werden durch das Deliktsrecht (23. Buch des BGB) die Rechtsverstöße geregelt, die außerhalb des Vertragsrechts zwischen den Beteiligten im Zusammenhang mit einem Schadenereignis gegeben sind. Im Strafrecht gilt grundsätzlich die Verpflichtung vorgegebene Schutzziele einzuhalten.

So regelt § 229 Strafgesetzbuch (StGB), dass „wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht“,bestraft wird. Im Falle einer Tötung gilt nach § 222 StGB, dass „wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht“, ebenfalls eine Bestrafung folgt. Zur Höhe folgen an dieser Stelle willentlich keine weiteren Angaben, da es hier nicht darum geht Besorgnis oder Unbehagen zu verbreiten, sondern zweifelsfrei zu beschreiben, dass fehlerhaftes Verhalten Konsequenzen bedingt.

Bei einem Schadensfall sind zivil- und strafrechtliche Haftungsfolgen nebeneinander zu erwarten.

Autoren:
Rechtsanwalt Hartmut Hardt
E-Mail-Adresse: info@ra-hardt.de

Prof. Dr.-Ing. Stefan Krüger
Technische Universität Hamburg
Institut für Entwerfen von Schiffen und Schiffssicherheit
E-Mail-Adresse: krueger@tuhh.de

Ansprechpartner im VDI:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
E-Mail-Adresse: jaeckel@vdi.de

Dieser Artikel ist ursprünglich in der Sonderausgabe von ATZextra für die VDI-FVT (Heft 03/2020) erschienen.

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