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Lokale Kaltluft im urbanen Raum

Kühle Luft für heiße Städte

Bild: W. Kuttler

In Folge des Klimawandels werden Häufigkeiten, Intensitäten und Dauer von Hitzewellen zunehmen. Das kann besonders in Städten zum Problem werden, denn dort ist es gewöhnlich wärmer als im Umland, da sich Gebäude und versiegelte Flächen tagsüber in der Sonne aufheizen und nachts die Wärme nur verzögert wieder abgeben. Während Hitzeperioden heizen die Städte sich so von Tag zu Tag immer weiter auf, ohne nachts abkühlen zu können. Gerade in der Stadt spielt daher die Kaltluftzufuhr eine entscheidende Rolle für das Stadtklima und die Luftqualität.

Die kühlere Luft aus dem Umland könnte die Städte kühlen, aber wie kommt sie hinein? Entweder kommt sie in hügeligen Landschaften als Kaltluftabfluss aus umliegenden Tälern. Oder die städtische Wärmeinsel saugt als lokales Tiefdruckgebiet die kühlere Luft von aus dem Umland als Flurwind an. Dieser Kaltlufttransport erfolgt bodennah und ist daher sehr empfindlich gegenüber Strömungshindernissen wie Dämmen, Mauern, Häuserzeilen, Baumhecken, Gehölzen oder Wäldern, welche die Kaltluftströme abschwächen oder stoppen.

Lokale Kaltluft

Lokale Kaltluft ist Luft, die gegenüber Ihrer Umgebungsluft kühler ist und als untere Atmosphärenschicht auf der Erdoberfläche lagert. Sie entsteht während klarer, austauscharmer und von überregionalen Windströmungen unbeeinflussten Witterungsbedingungen insbesondere nachts auf sich abkühlenden natürlichen, unversiegelten Oberflächen, vor allem über Flächen mit niedriger Vegetation. Die Schichtung der Kaltluft ist sehr stabil und in flachem Gelände äußerst ortsfest.

Flurwind

Eine nahe gelegene städtische Wärmeinsel wirkt wie ein relatives örtliches Tiefdruckgebiet und kann die Kaltluft bodennah vom Umland („von der Flur“) in Richtung Siedlung saugen.

Kaltluftströme nicht behindern

Baum- und siedlungsfreie Täler und Ventilationsbahnen im urbanen Bereich, wie Grünzüge oder  Bahntrassen fördern den Kaltlufttransport. Dies sollte bei der Stadtplanung berücksichtigt werden, um die Kaltluft von außen möglichst weit in die Städte hineinzuführen. Neben diesen Schneisen braucht es mehr urbane Freiflächen, wie Grünstreifen und Parks, um die Temperaturen zu senken und die Luftqualität in der Stadt zu verbessern.

Denn auch in Parks, Gärten und Brachflächen innerhalb von Städten entsteht lokale Kaltluft, die zur Abkühlung beiträgt. Dabei haben bereits kleine Flächen von wenigen Hektar Größe einen kühlenden Effekt. Laut einer Studie des Bundesumweltamtes kann das Anpflanzen von Bäumen und die Schaffung von Grünflächen in städtischen Gebieten die lokalen Temperaturen um bis zu vier Grad senken. Außerdem kann sich so die Luftqualität verbessern.

Kaltluftströme bei Stadt- und Straßenplanung berücksichtigen

„Die lokale Kaltluft spielt nicht nur in der Stadtplanung, sondern auch in der Landwirtschaft, der Straßenplanung und beim Emissionsschutz eine wichtige Rolle. Auch hier hoffen wir mit unserer Arbeit Entscheidungshilfen geben zu können.“ so Dirk Dütemeyer, Mitglied im Fachausschuss " Klima" des Fachbereiches II Umweltmeteorologie der Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) und Vorsitzender der Kaltluftrichtlinie (VDI 3787 Blatt 5 Umweltmeteorologie – Lokale Kaltluft).

Dies spielt zukünftig auch unter dem Aspekt Gesundheitsschutz eine zentrale Rolle, denn neben immer mehr heißen Tagen nimmt auch die Anzahl sogenannter Tropennächte deutlich zu. Dies meint Nächte, in denen die Temperaturen nicht unter 20° C fallen. Durch den Klimawandel werden diese weiter zunehmen und durch die Versiegelung und dichte Bebauung treten Tropennächte in Städten deutlich häufiger auf als im Umland. Dies hat massive Auswirklungen auf die Gesundheit, da diese Überhitzung Dauerstress für den Körper bedeutet, was vor allem für vulnerable Gruppen, wie ältere Menschen und Kinder eine Gefahr darstellt. Deshalb arbeiten immer mehr Regionen an entsprechenden Hitzeschutzplänen. In der KRdL ist dazu zurzeit die VDI EE 3787-13 "Hitzeaktionsplanung" in Bearbeitung.

Darum ist die Zufuhr von kühlerer Luft in überhitze Städte eine wichtige stadtplanerische Möglichkeit, um dem Klimawandel zu begegnen.

Auch politische Entscheidungsträger sollten das Thema Kaltluft im Städtebau verstärkt in den Fokus nehmen und entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Denn eine kühle Stadt ist eine lebenswerte Stadt.

Richtlinie VDI 3787 Blatt 5 E

Ziel der Richtlinie VDI 3787 Blatt 5 E „Umweltmeteorologie – Lokale Kaltluft“ ist es, eine qualifizierte Hilfestellung für diese Aufgabe bereitzustellen. Sie ermöglicht Umwelt-, Raum und Stadtplanern die umwelt- und planungsrechtlich angemessene Berücksichtigung, Bewertung und Behandlung des Themas lokale Kaltluft in der Umweltplanung, indem die Grundlagen und Wirkungen der Kaltluft auf der lokalen Skala erläutert werden. Die lokale Kaltluft gewinnt insbesondere durch den projizierten Klimawandel an Bedeutung und stellt somit einen wichtigen Faktor für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Raumplanung dar.

Webinar „Klimaangepasstes Bauen - Lokale Kaltluft" am 27.06. um 16:30 Uhr

Das nächtliche Kaltluftgeschehen ist eine wertvolle natürliche Ressource und hat das Potenzial überwärmte Gebiete zu entlasten. Dadurch spielt sie in der Stadt- und Regionalplanung bis hin zur Quartiersplanung eine immer größere Rolle. Im Webinar soll die neue Richtlinie zusammen mit den Handlungsempfehlungen des VDI vorgestellt werden.

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Das Bild kann bei Angabe der Quelle genutzt werden.

Text: Dirk Dütemeyer, Gudrun Huneke

Ansprechpartnerinnen im VDI:
Dr. rer. nat. Julia Nickel-Kuhn
KRdL-Fachbereich Umweltmeteorologie
E-Mail: nickel-kuhn@vdi.de


Dipl.-Geogr. Catharina Fröhling
VDI-Fokusthema Anpassung an den Klimawandel
E.Mail: klimaanpassung@vdi.de

Sarah Janczura
Ihre Presse-Ansprechpartnerin

Sarah Janczura

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