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Klimaneutrale Energieversorgung für Bremen - Online-Gespräch mit Senatorin Dr. Maike Schaefer, 8.11.22

Bremen ruft eine Klimanotlage aus, was die Chance bietet, viel Geld für den Klimaschutz in die Hand zu nehmen. Auf diesem Hintergrund gab Senatorin Dr. Maike Schaefer den VDI-Mitgliedern im online-Gespräch einen Überblick über die anlaufenden Klimaschutzmaßnahmen.
Bremen ist derzeit die Kommune mit den ambitioniertesten Klimaschutzzielen und soll bis 2038 klimaneutral sein. Die Klimaschutz-Enquetekommission hat viele Bereiche geprüft, aus denen durch den Senat prioritär vier Sektoren behandelt werden: Transformation der Wirtschaft, Verkehrswende, Gebäudetechnik, Wärmenutzung.
Transformation der Wirtschaft heißt hier, dass v.a. die Stahlwerke auf Wasserstoffnutzung umgestellt werden sollen, denn diese verursachen fast 50% des CO2-Ausstosses in Bremen. Die Verkehrswende beinhaltet u.a. die Elektrifizierung des ÖPNV. Gebäude müssen besser gedämmt werden, Heizungen ausgetauscht. Bei der Wärmenutzung gibt es ebenfalls zahlreiche Optionen. Geothermie wird schon länger genutzt, der Eisspeicher bei Kellogg`s ist im Gespräch, Wärmegewinnung aus Abwasser sowie der Fernwärme-Ausbau. Hierbei steht v.a. die Verlängerung der Fernwärmetrasse von der Müllverbrennungsanlage bis nach Hastedt an. Dies ist die Voraussetzung für die Abschaltung des Hastedter Kohlekraftwerks, das erst einmal in Reserve bleiben soll aufgrund der Auswirkungen des Krieges in der Ukraine, dasselbe gilt für das Kraftwerk in Farge.
Der Krieg in der Ukraine hat der Nutzung erneuerbarer Energien großen Auftrieb gegeben, jetzt wollen alle weg vom Gas und von fossilen Brennstoffen. Es gibt eine Wärmepumpeninitiative zusammen mit der Handelskammer, aber leider ist auch dort der Fachkräftemangel an Handwerkerinnen und Handwerker sehr hoch. Deswegen bedarf es verstärkter Qualifizierungsprogramme und Lösungen für die Lieferschwierigkeiten.
Das 2%-Flächenziel bei der Windkraftnutzung ist in Bremen nahezu erreicht. Wenn man weitere Standorte sucht, ist da nicht mehr viel möglich. Photovoltaik-Anlagen sind geplant, auch Freiflächen-PV auf der Mülldeponie. Eine Landeswärmeplanung wird auf den Weg gebracht. Verhalten optimistisch gestimmt sein kann man dadurch, dass auch Innovationen gepuscht werden durch den Krieg und durch die steigenden Kosten für Heizen und Energie. Bis 2027 nimmt Bremen zudem 2,5 Milliarden Euro in die Hand, um die Folgen des Krieges abzufedern und die Maßnahmen der Klimaenquete umzusetzen.
Von den Zuhörenden wurden im Anschluss an den Vortrag zahlreiche Fragen an die Senatorin gestellt.  Da es beim Klimawandel schlicht ums Überleben geht, muss laut Senatorin Schaefer abgewogen werden, ob auch Technologien wie Carbon Capture and Storage (CCS, Speicherung von Kohlendioxid im Untergrund) in Erwägung gezogen werden. Man muss aktiv CO2 einsparen und es zusätzlich auch aus der Atmosphäre herausholen. Vor etlichen Jahren sah die Senatorin CCS als kritisch an und hat es abgelehnt, inzwischen werden dazu auch Gespräche mit den Skandinaviern geführt.
Die Photovoltaik-Nutzung nur auf öffentlichen Gebäuden ist viel zu langsam umsetzbar. Es sollte auch Genossenschaften dazu geben unter der Rubrik „Energie in Bürgerhand“, Gespräche mit Immobilien Bremen zur Beschleunigung laufen schon. Ein Vorschlag von Thomas Behrmann lautete, Genossenschaften mit Hilfe der Stadt bereits auf Vorrat zu gründen. Sobald Flächen zur Nutzung alternativer Energien vorhanden sind, könnten diese Genossenschaften übernehmen. Gebraucht werden in jedem Falle Investitionen, entweder einige große oder viele kleine in Genossenschaften.

Die Senatorin betonte, Bremen sei Deutschlands fahrradfreundlichste Stadt, aber auch noch mit Luft nach oben. Erste Elektrobusse für Bremen sind schon angeschafft und 50 neu bestellt, in Bremerhaven sollen eher Wasserstoff-Busse fahren. Bremen will nicht auf Fracking setzen, damit gab es schlechte Erfahrungen in Groningen in den Niederlanden, in Bremen/Niedersachsen liegen in möglichen Fracking-Gebieten wichtige Trinkwasser-Reservoire. Man muss für den Umweltschutz nicht eine umweltschädliche Technik anwenden.
Dr. Iris Spieß sprach an, dass die Stahlwerke auf die Nutzung von Wasserstoff umgestellt werden sollen, und wollte wissen, ob man in Bremen dafür auch Speicher aufbauen könne, die Stahlwerke brauchen schließlich enorm viel Energie. Senatorin Schaefer wies darauf hin, dass um die Stahlwerke jetzt schon eine Pipeline liegt, die im Gespräch ist als Transportweg. Wasserstoff ist aber leider nicht übermäßig effizient, deswegen setzt Bremen ja auch auf die Elektrobusse. Es gibt bisher noch einen hohen Energieverlust bei der Produktion von Wasserstoff. Dieser soll in Bremen eher in der Industrie eingesetzt werden.
Ein Einwand zur Nutzung von Elektroautos lautete, dass es weltweit nicht genug Lithium gibt, damit alle ein E-Auto fahren können. Außerdem kommt der Strom dafür oft noch aus fossilen Energien. Trolleybusse wurden vorgeschlagen als Alternative, sie laufen bereits beispielsweise in Zürich. Hoffnung wird in die Forschung gesetzt dahingehend, dass Lithium ersetzbar wird.
Die Senatorin fasste zusammen, dass der Verbrennungsmotor der Vergangenheit angehört, Wasserstoff habe sich bisher nicht als effizient genug erwiesen, um alle Probleme zu lösen, E-Autos ergebe nur dann Sinn, wenn sie mit Öko-Strom betrieben werden. Die Bremer Straßenbahn AG beispielsweise fährt seit Jahren mit 100% Öko-Strom. Senatorin Schaefer dankte dem VDI für das Interesse und betonte, dass Ingenieurinnen und Ingenieure gebraucht werden für Innovationen für die Zukunft.

Bericht: Anja Riemer

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