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Luftqualität im Jahr 2021

Die Luftqualität ist besser – aber noch nicht gut genug!

Bild: RussieseO/ Shutterstock.com

Die Menschen in Deutschland atmen zunehmend saubere Luft ein. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich die Luftqualität auf dem Kontinent spürbar verbessert. Allerdings nicht spürbar genug. Deshalb sind zum Schutz der Gesundheit weitere Anstrengungen erforderlich.

Die Luftqualität in Deutschland verbessert sich stetig. Dies zeigt eine vorläufige Auswertung der Luftqualität im Jahr 2021, die aktuell vom Umweltbundesamt veröffentlicht wurde und in welche die Schadstoffe Feinstaub (PM10 und PM2,5), Stickstoffdioxid (NO2) sowie bodennahes Ozon (O3) einbezogen wurden. Die gute Nachricht: die Grenzwerte für Feinstaub sind 2021 in keiner deutschen Stadt überschritten worden, der Grenzwert für das NO2-Jahresmittel nur noch an ein bis zwei Prozent der verkehrsnahen Messstationen. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag dieser Wert noch bei rund 75 Prozent. Auch für O3 kam es an nur sechs Tagen zu Überschreitungen der Informationsschwelle von 180 µg/m³ (Vorjahr: 13 Tage).

Was sind die Gründe für die höhere Luftqualität?

Gründe für die höhere Luftqualität sind eine fortschreitende Erneuerung der Fahrzeugflotte, lokale Verkehrsmaßnahmen, aber auch ein geringeres Verkehrsaufkommen auf den Straßen wegen der Corona-Pandemie. Demgegenüber hat die Ozonkonzentration eine hohe Abhängigkeit vom Wetter. Denn O3 wird im Gegensatz zu Feinstaub und Stickstoffdioxid nicht direkt emittiert, sondern aus bestimmten Vorläuferstoffen (Stickstoffoxide und flüchtige organische Verbindungen) bei intensiver Sonneneinstrahlung gebildet. Im Sommer 2021 gab es zwar einen sehr warmen Juni und einen spätsommerlich warmen September. Der Sommer war jedoch der regenreichste seit zehn Jahren.

Die guten Erfolge bei der Luftqualität basieren auf 20 Jahre alten Grenzwerten

Die guten Erfolge, die bei der Luftqualität jetzt erreicht sind, dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zur Bewertung herangezogenen Grenzwerte vor mittlerweile 20 Jahren festgelegt wurden. In Brüssel ist derzeit eine Revision der Luftqualitäts-Rahmenrichtlinie im Gange, die Basis für die Grenzwerte auch in Deutschland ist. In die Konsultationen auf EU-Ebene werden auch die von der Weltgesundheitsorganisation, kurz WHO, im letzten Herbst veröffentlichten neuen Leitlinien mit deutlich geminderten Richtwerten für Luftschadstoffe einbezogen. Darin sind auch neue wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt, wie sich Luftverschmutzung auf die Gesundheit auswirkt.

So empfiehlt die WHO eine erhebliche Absenkung der empfohlenen Richtwerte, beispielsweise des Jahresmittelwerts für PM2.5 auf 5 µg/m³ in der Außenluft statt des gegenwärtigen Grenzwerts von 25 µg/m³. Nimmt man diesen wesentlich strengeren WHO-Richtwert als Maßstab, so gilt für die kleinere Fraktion des Feinstaubs, dass dieser Wert an fast allen etwa 200 Stationen (99 Prozent) überschritten ist, die in die UBA-Auswertung einbezogen waren. Sicher werden Verhältnismäßigkeitsaspekte eine Eins-zu-eins-Umsetzung der rein auf Basis des Gesundheitsschutzes abgeleiteten WHO-Richtwerte in entsprechende EU-Grenzwerte für Luftschadstoffe – vor allem kurzfristig – nicht in allen Fällen ermöglichen. Die Europäische Kommission mit dem Green Deal sowie die WHO mit ihren neuen Richtwerten zeigen jedoch klar auf, dass dringender Handlungsbedarf für mehr saubere Luft in Europa besteht.

Schnelle Umsetzung von Umwelt- und Klimamaßnahmen

Ein weiterer Schlüsselfaktor auf dem Weg zu besserer Luftqualität ist auch eine schnelle gemeinsame Umsetzung von Umwelt- und Klimamaßnahmen. Diese Ansicht wird auch von der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) nachdrücklich unterstützt. In ihrer Roadmap "Kommission Reinhaltung der Luft 2030" fordert sie, die Luftreinhaltung, das Klima und den Klimawandel integriert als Ganzes zu betrachten. Eine generelle Verringerung der Luftschadstoffe bei gleichzeitiger Senkung der Emissionen von Treibhausgasen ist allerdings nicht immer möglich. Häufig wäre die Absenkung von Emissionsgrenzwerten mit erhöhten Treibhausgasemissionen aufgrund des erhöhten Energiebedarfs verbunden. Erforderlich ist daher eine Gesamtbetrachtung im Sinne der Definition des Stands der Technik und ein konsequentes Weiterdenken, damit solche widerstrebenden Ziele in der Praxis gut gelöst werden. Hier sind weitere Anstrengungen dringend geboten, damit wir dem Ziel einer weiter verbesserten Luftqualität näherkommen.

Autor: Dr. rer. nat. Rudolf Neuroth

Fachlicher Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Jochen Theloke
Geschäftsführer der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) – Normenausschuss
E-Mail-Adresse: theloke@vdi.de  

 

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