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Luftreinhaltung

Neue Grenzwerte für Luftschadstoffe in der EU

Bild: tilialucida/Shutterstock.com

Die Europäische Kommission hat den Entwurf der neuen Luftqualitätsrahmenrichtlinie veröffentlicht. Die verschärften Grenzwerte sollen 2030 in Kraft treten.

Die derzeit gültige EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftqualitätsrichtlinie 2008/50/EG) stammt aus dem Jahr 2008. Daher hatte die Europäische Kommission 2020 im Rahmen des europäischen „Green Deals“ die öffentliche Konsultation zur Überarbeitung dieser EU-Richtlinie gestartet. Auch um sie enger an die aktuellen Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anzugleichen. Nun hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine neue Richtlinie zur Luftreinhaltung vorgelegt, der jedoch zunächst vom EU-Parlament und vom Rat der Mitgliedsländer beraten werden muss.

Darin soll beispielsweise der Jahresgrenzwert für Partikel mit einem Durchmesser unter 2,5 µm (PM2,5 Fraktion) bis zum Jahr 2030 um mehr als die Hälfte gesenkt werden, nämlich von 25 auf 10 µg/m3. Mit den Vorschlägen nähern sich die Vorgaben auf EU-Ebene den Empfehlungen der WHO an. Allerdings werden die Grenzwerte der WHO, die ihre Richtwerte rein auf Basis der gesundheitlichen Vorsorge ableitet, nicht vollständig umgesetzt. Die WHO empfiehlt seit Oktober letzten Jahres nur noch einen PM2,5-Richtwert von 5 µg/m3, also ein Fünftel des aktuellen EU-Grenzwertes.

Den Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid will die Kommission von derzeit 40 auf 20 µg/m3 absenken. Der WHO-Richtwert liegt hier bei nur 10 µg/m3. Die Kommission spricht bei ihren Vorschlägen auch von „Zwischenzielen“. Langfristig will man sich an die WHO-Empfehlung halten. Der jetzt vorliegende Kommissionsentwurf sieht nämlich die Einführung des Ziels von "null Emissionen“ bis 2050 vor. Dieses Ziel soll sicherstellen, dass die Luftqualität bis dahin so weit verbessert ist, dass die Luftverschmutzung nicht mehr schädlich für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt ist.

Was bringen verschiedene Maßnahmen gegen Luftverschmutzung?

„Es ist sehr wichtig, dass wir die jetzt vorgeschlagenen Grenzwerte und ihre Umsetzung bis 2030 mit Blick auf saubere Luft für uns alle in Europa sehr ernst nehmen. Das Debakel um den aktuellen Stickstoffdioxid-Grenzwert von 40 µg/m3 sollte sich nicht wiederholen: Dieser wurde nämlich 2008 beschlossen und wird noch immer nicht flächendeckend in Deutschland und Europa eingehalten“, so Prof. Isabelle Franzen-Reuter, Vorsitzende des Fachbereichs III "Umweltqualität" der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft.

In die fachliche Bewertung der verschiedenen Kosten-Nutzen-Analysen verschiedener Maßnahmenpakete zur Verbesserung der Luft in Europa fließen auch Maßzahlen zu Belastungen einer Bevölkerung durch Erkrankungen und Todesfällen ein. Hier ist das Konzept der „Umweltbedingten Krankheitslast“ (engl. Environmental Burden of Disease) maßgeblich. Anders als Indikatoren zum individuellen Gesundheitszustand können bevölkerungsbezogene Maße die Auswirkungen von Risikofaktoren, aber auch in einem zweiten Schritt von Präventions- oder Interventionsmaßnahmen, für die gesamte Bevölkerung vergleichend quantifizieren und somit zur Priorisierung von Maßnahmen verwendet werden. So können beispielsweise die positiven gesundheitlichen Effekte von Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität dargestellt und in ihrem Nutzen gegeneinander abgewogen werden.

Die Berechnungsmethodik der Umweltbedingten Krankheitslast wird auch in einem VDI-Statusreport „Potenziale und Herausforderungen bei der Nutzung von bevölkerungsbezogenen Summenmaßen im Bereich Umwelt und Gesundheit“ vorgestellt. Es wird erklärt, wie die Gesundheitsindikatoren berechnet werden und was sie aussagen. Weiterhin wird über die Potenziale aber auch Grenzen der Berechnung der verwendeten Indikatoren transparent aufgeklärt und auf sogenannte „Fallstricke der Interpretation“ hingewiesen. Damit wird z.B. Entscheidenden in der Praxis und einer breiteren Öffentlichkeit eine verständliche und praktikable Hilfestellung gegeben, was die Maßzahlen aussagen und wie sie in der öffentlichen Kommunikation richtig eingeordnet und verwendet werden können.

Erarbeitet wird der Statusreport von ExpertInnen aus dem Gesundheitsbereich und der Wissenschaft, die im VDI-Fachbereich „Umweltqualität“ der VDI/DIN-Kommission Reinhaltung der Luft (KRdL) zusammenarbeiten. Mit der Veröffentlichung des VDI-Statusreport ist zu Beginn 2023 zu rechnen. Er kann dann unter www.vdi.de/publikationen kostenfrei heruntergeladen werden.

Autorin und Ansprechpartnerin:
Dr. Anke Niebaum
KRdL-Fachbereich Umweltqualität
E-Mail: niebaum@vdi.de

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