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New Work

“Die Zukunft ist einfach geil” – So arbeiten wir 2040

Bild: pixelfit via Getty Images

Die Arbeitswelt wird sich radikal ändern. Festanstellung ade, Remote Jobs sind erst der Anfang. Fokus auf die eigene Lebenssituation. Nicht nur die Generation Corona kann 2040 so arbeiten – wir alle generationenübergreifend. Dieses Zukunftsbild hat Forscher und Speaker Tristan Horx. Unsere Autorin hat nicht nur eine seiner Keynotes gehört, sondern auch sein Buch gelesen – und ist dabei auf den Geschmack der fernen Zukunft gekommen

“Technologischer Fortschritt wird garantiert eine wichtige Rolle spielen, aber uns nicht erlösen.” Die Aussage sitzt. Denken wir doch immer, dass Innovationen und Ingenieurskunst uns in eine “bessere” nachhaltige Zukunft führen. Dass Künstliche Intelligenz uns unliebsame Arbeit abnimmt. Doch das reicht lange nicht, um einen wirklichen Wandel zu erzielen, denn dazu seien wir alle gefordert, sagt Horx in seinem Buch “Unsere Fucking Zukunft”. Boomer wie Gen Z. Die Corona-Krise habe gezeigt, was möglich ist. Sowohl in der Medizintechnik als auch gesellschaftlich. Auf einmal haben selbst traditionelle Konzerne das Home-Office eingeführt - wenn auch gezwungenermaßen. Heute ist eine Fünf-Tage-Woche im Büro selten geworden – produktiv sind wir dennoch geblieben. Das sogenannte Industriedenken mit Stempelkarte und 40-Stunden-Woche sei sowas von überholt, so Horx. Ein massiver Rollenwechsel stünde bevor. Das Management wie wir es kennen verliere an Status. Hierarchie ist out. Doch wie sieht das die Generation der älteren Arbeitnehmenden, die gern die vermeintlich arbeitsunwillige Generation TikTok kritisiert? Oder sind das nur Klischees?

Generationenforscher Rüdiger Maas bezeichnet es zunächst so: “Während Babyboomer froh waren, eine Job-Zusage bekommen zu haben, ist es für die Generation Z nahezu selbstverständlich, sich den Arbeitsplatz selbst aussuchen zu können.” Es sei eine Transferleistung, sich hier gegenseitig zu verstehen. Tristan Horx spricht vom Generationenkonflikt.

Konflikte als etwas Wunderbares

Wie konfliktfähig sind Sie eigentlich? Konflikte auszutragen, gehört in der Regel nicht zur Lieblingsbeschäftigung von uns Menschen. Zukunftsforscher Horx hält einen Konflikt für etwas Wunderbares. „(…), er hält uns innovativ und produktiv, sogar lebendig und resilient sofern er richtig gestaltet wird.” Doch ohne eine gemeinsame Zukunftsvision wird das nichts, sagt der Autor von “Unsere Fucking Zukunft”.

Nun, das ist so eine Sache mit der Zukunft. Sie ist spannend, unergründlich, mit Hoffnungen und Zielen verbunden. Dabei aber auch komplex. “Sie kommt niemals an”, so Horx in einem Video-Interview. “Wir haben sehr oft eine Erwartungshaltung, dass wir irgendwann ankommen in dieser Zukunft. Uns dann entspannen können. Doch das trifft nicht ein. Und das macht den Begriff spannend, frustrierend und - so ehrlich darf ich sein - geil.” Tristan Horx befasst sich mit den Generationen und deren vermeintlichen Konflikten. Wissen Sie, welcher Generation Sie angehören? Horx stammt als 1993 Geborener noch gerade so der Generation Y an. Wer ab 1995 das Licht der Welt erblickte, darf sich zur Generation Z zählen. Sie wissen schon, die jungen Leute, die jetzt auf den Arbeitsmarkt streben und außer TikTok-Videos drehen nichts können. An dieser Stelle sei der Autorin die Ironie verziehen. Laut Horx wissen 50 % der Menschen nicht, welcher Generation sie angehören. “Die restlichen 50 % wollen ihrer Generation nicht angehören”, sagt er. Mit rund 16,5 Millionen Menschen ist die Generation X die größte Gruppe am deutschen Arbeitsmarkt. Diese Arbeitnehmenden verfügen über langjährige Erfahrung und bilden das Rückgrat unserer Volkswirtschaft.

Diese Generationen treffen sich aktuell auf dem Arbeitsmarkt

BabyboomerGeboren 1946-1964geprägt vom Wirtschaftswunder, karriereorientiert
Gen XGeboren 1965-1979Arbeit als Haupt-Lebensinhalt, ohne Einfluss des Krieges, auch Sandwich-Generation genannt
Gen Y/MillennialsGeboren 1980-1994Digital Natives der ersten Generation, Freude an Arbeit, Freizeit oft wichtiger als Status
Gen ZGeboren 1995-2015Digital Natives, starke Individuen, persönliche Ziele im Fokus

Quelle: Statistisches Bundesamt (2019) Erwerbsbeteiligung, Erwerbstätige und Erwerbstätigenquote nach Geschlecht und Alter 2002 und 2019. Ergebnis des Mikrozensus. 22.3.21

Für wen machen wir eigentlich Zukunft?

Ressourcenknappheit, Fachkräftemangel, Klimawandel: Die Herausforderungen unserer Zeit sind vielfältig wie beliebig schwierig. Eine enkelfähige Zukunft predigt nicht nur Wirtschaftsphilosoph Anders Indset – auch Tristan Horx sieht eine “bessere Zukunft für Kinder und Enkel” als grundlegenden menschlichen Wunsch für die Zukunft an. Ingenieure und Ingenieurinnen arbeiten an innovativen Techniken, um die Menschheit an das Klima anzupassen oder neue Wege der umweltfreundlichen Mobilität zu gehen. “Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Wandel der Arbeit werden über Generationenkonflikte gern gespielt. Das ist der rote Faden”, so Horx. Sinn der Arbeit, Flexibilität und eine reduzierte Arbeitszeit sind keine reinen Themen der jüngsten Generation. Diese Wünsche gibt es schon stark bei den Professionals der Generation Y – also alle, die heute in ihren 30ern sind oder darauf zusteuern. 16 Millionen Menschen betrifft das laut Statista in Deutschland. Das untermauert auch Philipp Frey, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). „Ich vertrete meistens etwas die Gegenthese. Bei den jungen Arbeitnehmern gibt es auch die Diskussion, dass sie weniger arbeiten wollen und dafür eine gute Work-Life-Balance haben möchten. Die Klage gibt es aber schon seit der griechischen Antike. Die Jungen wollten aus Sicht der Alten schon immer nicht arbeiten, überspitzt gesagt.“

Weiter führt er aus: „Die Thematik „anders und weniger arbeiten” befasst uns eigentlich schon die letzten 150 Jahre. Bis 1990 ist die Arbeitszeit stetig gesunken, seitdem stagniert sie. Die Frage ist eher, was in den letzten 30 Jahren anders gelaufen ist.“ Frey, der in der Forschungsgruppe “Digitale Technologien und gesellschaftlicher Wandel” tätig ist, ordnet den Blick auf die Gen Z ein.  „Eine Generation lang hat sich sozusagen qualitativ nichts verbessert und jetzt geht das mit der Gen Z wieder los. Daher rührt dieser vermeintliche Generationenkonflikt meiner Meinung nach auch.“

Ist eine neue Zukunftsvision notwendig?

Die Welt besser machen. Gemeinsam und ohne Generationenkonflikte. Denn Jung profitiere von Alt und andersrum. “Eine neue Zukunftsvision muss her, hinter der sich alle Altersgruppen vereinen können”, heißt es im Buch des Zukunftsforschers Horx.

Ein Ziel zu erreichen: Dass das geht, hat die Corona-Pandemie gezeigt. Wieder ein “normales” Leben führen, medizinische Lösungen finden, zurück ins Büro (na gut, das vielleicht nicht). Doch alle Generationen wollten dasselbe. “Nicht nur technologische Erlösung, sondern soziale Intelligenz hat uns zu einem Sieg gegen das Virus verholfen”, so der Autor. Ein Wandel sei also durchaus möglich, wenn “wir als Gesellschaft über die Generationengrenzen hinweg kooperieren”. Horx wirft die Frage auf, ob Veränderung nur dann stattfinden kann, wenn eine konkrete Gefahr vor der Tür steht. Er meint: Wir sind besser als das.

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"Office als glorifiziertes Gefängnis hat ausgedient"

Kommen wir zurück zur Arbeit der Zukunft. Corona hat ebenfalls gezeigt, dass Produktivität nicht gleich Anwesenheit bedeutet. Bedingungsloses Grundeinkommen, 4-Tage-Woche und Co.: Das Büro als “glorifiziertes Gefängnis” habe ausgedient, meint der Trendforscher Horx. Er sieht Vertrauen im Fokus – zwischen Unternehmen und Arbeitnehmenden. Doch eine ausgewogene Work-Life-Balance ist nicht alles für die jungen Arbeitnehmenden. Gehalt und Benefits stehen – wie bei allen Generationen – bei der Wahl des Arbeitgebers im Fokus. Zu diesem Ergebnis kommt eine Erhebung von Academic Work. 71 % der Befragten ist ein gutes Gehalt wichtig. Danach nennen 59 % Flexibilität und Work-Life-Balance. Auch hier wird das Vertrauen des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmende selbstständig seinen Tag strukturieren darf, erwähnt. Frey sagt dazu: „Corona hat einen Schub zur Veränderung der Arbeit geleistet. Das passt auch gut zum VDI und hoch qualifizierten Fachkräften wie Ingenieuren und Ingenieurinnen. Diese Gruppe, die ihre Arbeit größtenteils auch ortsunabhängig leisten kann, profitiert davon. Ganz viele Tätigkeiten sind aber ortsgebunden, wie in der Pflege. Da finde ich die Debatte zum Teil unreflektiert. Die Mehrzahl der Deutschen muss ihre Arbeit immer noch vor Ort leisten.“ Zudem seien Arbeitsstätten auch soziale Orte. „Bei Remote Jobs darf man nicht vergessen, dass Büros auch soziale Orte sind. Bei Teams, die völlig remote arbeiten und sich vielleicht nur einmal im Jahr auf einer Tagung sehen, darf sich auch die Frage gestellt werden, was diese im Vergleich zu anderen Teams verlieren, die sich häufiger im Büro begegnen.“

Generation Corona

Kommt nach der Gen Z die vermeintliche Generation Corona? Die Generation C wird es laut Horx wahrhaftig erfahren, ob wir aus der Krise gelernt haben oder zurück in die Welt vor Corona rutschen. Da sie jetzt erst geboren werden, dauert es aber noch, bis sie die Zukunft prägen können. Horx prophezeit für 2040: Das Arbeitsleben wird sich völlig gewandelt haben. Das Berufsleben wird offener, vielfältiger und “talenthafter” sein. Es wird immer noch Jobs geben, die nicht digitalisierbar sind. Humane Tätigkeiten werden besser entlohnt. Die Festanstellung sei nach ihm dann Geschichte. Individuelle Stärken und Lebenssituationen stünden im Fokus.

Ob es dazu kommt, hängt auch davon ab, ob Unternehmen New Work wahrhaftig umsetzen. Philipp Frey vom KIT meint dazu: „Bei der New-Work-Debatte kann teilweise auch etwas Unehrlichkeit mitschwingen. Wenn es weniger fixe Arbeitsplätze gibt, werden zum Beispiel Büroflächen eingespart. Im Gegenzug gibt es Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung und bei Präsenztagen einen Obstkorb. Angestellte durchblicken durchaus, dass es sich hierbei nicht um eine völlig neue Arbeitsweise handelt oder um mehr Gestaltungsmöglichkeiten, sondern eher um Randerscheinungen. Die Unternehmen, die New Work tatsächlich umsetzen, sind schon rarer, da die Prozesse unbequemer umzusetzen sind.“

Wie wollen Sie 2040 arbeiten? Schreiben Sie uns an redaktion@vdi.de oder kommentieren es ganz Gen Z-like auf Social Media.

Autorin: Sarah Janczura

Fachlicher Ansprechpartner im VDI:
Ingo Rauhut
Geschäftsführer VDI-Fachbeirat Beruf und Arbeitsmarkt
Telefon: +49 211 6214-697
E-Mail: rauhut@vdi.de 

 

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