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Innovationsfreudige Unternehmen

Wohnen und arbeiten in einer Zoom-Stadt: Stadtmarketing oder echte Chance?

Bild: Kateryna Onyshchuk/shutterstock.com

3,3 Billionen Sitzungen pro Jahr: Gezoomt hat wahrscheinlich schon fast jeder berufstätige Mensch in seinem Leben. Seit neuestem kann man auch in sogenannten Zoom-Städten leben. Krefeld gilt als solch eine. Zoomen und Arbeiten – alles remote. Was es damit auf sich hat, haben wir näher betrachtet.

Während der Corona-Pandemie haben Firmen die Vorzüge des Home-Office entdeckt. Die Deutschen arbeiten im europäischen Vergleich besonders viel von zuhause. Das ergibt eine Studie des ifo-Instituts aus 2023. Im Schnitt wird auf jeden Fall ein Tag in der Woche im Home-Office gearbeitet. Platz 2 unter 17 europäischen Ländern.

Seit der Pandemie sind virtuelle Meetings und Home-Office unser „täglich Brot“. Es war ein Boom aus dem Nichts. Zoom zählt dabei zu den bekanntesten Anbietern von digitalen Meetings. Doch eine ganze Zoom-Town: Wie darf man sich das vorstellen?

Mobiles und hybrides Arbeiten nimmt in Deutschland zu – und das verändert auch den Wohnungsmarkt. Der Anbieter Zoom Video Communications hat gemeinsam mit der Stellenbörse Indeed eine Erhebung gestartet. Das Ergebnis: Ein immer größerer Anteil ausgeschriebener Stellen kann entweder komplett aus dem Home-Office, mobil oder hybrid ausgeübt werden. Damit sind die Arbeitnehmer ortsunabhängig.

Was ist mobiles Arbeiten?

Bei mobiler Arbeit sind die Beschäftigten nicht auf das Arbeiten im Büro oder von zuhause beschränkt. Sie können zum Beispiel in einem Café oder einem Co-Working-Space arbeiten.

Was ist hybrides Arbeiten?

Unter hybridem Arbeiten versteht man den Mix aus Präsenz im Büro und Home-Office. Das schließt auch einen mobilen Schreibtisch mit ein.

Günstiger wohnen und leben, dafür bei einem Konzern in der benachbarten Großstadt arbeiten? Home-Office sowie mobiles Arbeiten in der Nachbarschaft machen es möglich. Vor allem in den Städten Krefeld, Chemnitz, Potsdam, Leipzig und Augsburg werden überdurchschnittlich viele Remote Jobs angeboten. Laut der Erhebung von Zoom räumt die Stadt Krefeld in Nordrhein-Westfalen ab. Insgesamt ist der Anteil der mobil und hybrid angebotenen Stellen von Januar 2019 bis September um ca. 400 % gestiegen. Die Zahlen zeigen, dass Regionen große Chancen haben, die in der Vergangenheit nicht im selben Maße von Unternehmensansiedlungen und Schaffung neuer Arbeitsplätze profitiert haben. Zoomen macht es möglich.

Innovationsfreudige Unternehmen in Krefeld

Doch nicht nur im Umland mobil arbeiten sei beliebt, auch direkt bei einem vor Ort ansässigen Unternehmen, so Eckart Preen. Er ist Wirtschaftsdezernent und Chef von Wirtschaftsförderungs- und Grundstücksgesellschaft bei der Stadt Krefeld. Gegenüber vdi.de sagt er: „Die Krefelder Unternehmen scheinen innovationsfreudig und haben durch die Pandemie auch gute Erfahrungen mit Home-Office gemacht. Jüngere Generationen erwarten das auch – das merke ich auch bei Vorstellungsgesprächen. Den Bewerberinnen und Bewerben geht es oft um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.“

Saskia Stolper, PR Zoom Europe, sagt dazu: „Die Zoom-Plattform wurde entwickelt, um Verbindungen durch flexible Lösungen zu unterstützen, die die Menschen dort abholen, wo sie sind. Das Engagement und das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden wird mit integrierten Kollaborationslösungen gesteigert, die von überall und auf jedem Gerät gleich funktionieren. Dazu muss man sagen, dass sich auch die Rolle des klassischen Büros verändert hat.“ Dr. Annina Hering, Ökonomin bei Indeed, führt weiter aus: „Unternehmen können durch die Home-Office-Option Kandidaten und Kandidatinnen in einem viel größeren Umkreis, deutschlandweit oder sogar international ansprechen.“ In den USA ist das Phänomen ebenfalls verbreitet. Zoom-Städte tauchen vor allem in ländlichen Regionen auf. In den Staaten verbinden die Menschen naturverbundenes Leben mit Remote Jobs.

Dass Krefeld eine Zoom-Stadt sein soll, empfindet Eckart Preen als überraschend. „In der Stadt merkt man das so nicht. Die von Krefelder Unternehmen neu angebotenen Arbeitsplätze werden häufig von Auswärtigen besetzt“, wirft er ein. Dabei weist er im Gespräch mit unserer Redaktion auch klar auf die negative Seite hin, denn in Krefeld fehle Wohnraum. „Wir haben hier einen fünfstelligen Pendlerüberschuss.“ Neubauten gehen zurück und das wüssten die Unternehmen auch, so Preen. „Remote-Jobs sind da ein breites Angebot.“ Zu den Top-Unternehmen der Industriestadt Krefeld zählen Siemens mit ihrer Produktion von Hochgeschwindigkeitszügen sowie Fressnapf und der Chempark Krefeld-Uerdingen.

Zoom-Stadt: Art des Arbeitens ändert sich fundamental

Ingo Rauhut, Arbeitsmarkt-Experte im VDI, sieht vor allem in New Work-Modellen einen Trend. Ingenieure und Ingenieurinnen setzen zunehmend auf agile Arbeitsweisen und die Generation Y und Z fordert explizit flexibles Arbeiten. „Wie reagiere ich auf eine zunehmend volatile Welt? Wie können agile Methoden und agiles Denken noch besser genutzt werden, um beispielsweise Rückmeldungen von Kunden frühzeitig und stetig einfließen und zu kontinuierlichen Verbesserungen beitragen können? In diesem Sinne verändert sich auch die Art des Arbeitens fundamental und Remote-Work-Formen sind möglich – wenn es sich nicht um die Montage vor Ort handelt – und werden gerade von der neuen Generation Y und Z auch gewünscht und gefordert. Der Wunsch nach Work-Life-Balance muss mit flexiblen Arbeitsformen und hohen Freiheitsgraden in der Aufgabenerfüllung synchronisiert werden.“

Autorin: Sarah Janczura

Fachlicher Ansprechpartner:
Ingo Rauhut
Geschäftsführer VDI-Fachbeirat Beruf und Arbeitsmarkt
E-Mail: rauhut@vdi.de

Leben Sie in einer Zoom-Stadt oder haben Interesse an dieser Form des Lebens und Arbeitens? Schildern Sie uns gern Ihre Erfahrungen an redaktion@vdi.de.

Veranstaltungstipp

Nehmen Sie an unserem Service-Talk teil. Am 18. Oktober geht es von 17:00 – 18:30 Uhr um das Thema „Wunsch und Realität – Herausforderungen an den Arbeitsplatz der Zukunft“.

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