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Europäische Normungsstrategie

Europa muss Standard-Setzer von Normen bleiben

Bild: Blue Planet Studio/Shutterstock.com

China ist seit Jahren dabei, die Normung als strategisches Mittel für die weltweite Einführung von eigenen Produkten und Verfahren intensiv zu nutzen. Dabei nutzt China jede Gelegenheit, Normungssekretariate ins eigene Land zu holen. Darauf verweist das Deutsche Institut für Normung (DIN) schon lange. 

Der BDI verweist mit seinem aktuellen Positionspapier zur Europäischen Normungsstrategie auch auf die sich ergebende Situation, dass nämlich Europa im Hinblick auf internationale Standards ins Hintertreffen geraten könnte. So fordert der BDI, dass Europa ein Standard-Setzer von Normen bleiben muss – und nicht zum Standard-Nehmer von Normen werden darf. Diese Forderung unterstützen wir im VDI ausdrücklich – gleichzeitig ist das der Grund, warum wir uns im VDI an den zugehörigen Prozessen der Normung beteiligen.

Was wir im VDI tun

Wir organisieren die internationale, europäische und nationale Normung in bestimmten Themenfeldern selbst. Mit unserer VDI-Richtlinienarbeit setzen wir nationale Standards und sorgen damit im Hinblick auf die internationale Normung für eine nationale Vor- und Nachbereitung.

Im Sinne der Vorbereitung erarbeiten wir mit VDI-Richtlinien national abgestimmte technische Regeln, die über DIN und die DKE teilweise als neue Normungsprojekte (sogenannte New Work Item Proposals) in die internationale und europäische Normung weitergegeben werden. Aktuelle Beispiele hierfür sind VDI-Richtlinien der Reihe VDI 3405 zu Additiven Fertigungsverfahren oder der Reihe VDI 2552 zu Building Information Modeling.

Die internationale, europäische und nationale Normung in den Fachgebieten der Luftreinhaltung sowie der Akustik, Lärmminderung und Schwingungstechnik führen wir gemeinsam mit DIN durch. Im VDI halten wir dafür die internationalen und europäischen Normungssekretariate für die Luftreinhaltung. 

Im Sinne der Nachbereitung geht es häufig darum, internationale Normen mit weitergehenden Empfehlungen über VDI-Richtlinien zu ergänzen. Häufig ist es nämlich so, dass die internationale Norm nur einen kleinsten gemeinsamen fachlichen Nenner beinhaltet, der für die Anwendung häufig nicht ausreichend konkret ist. Insofern ist es wichtig – auch unter dem Aspekt nationaler Gesetzessituationen –, Inhalte auf die tatsächlichen Anwendungen auszurichten.

Auf der sicheren Seite sein

Wer technische Regeln, das heißt Standards, einhält, ist auf der sicheren Seite. Damit stützen Anwendende ihre Entscheidungen und Handlungen auf Erkenntnisse und Empfehlungen, die von Fachleuten gesammelt und in Konsensverfahren gemeinsam abgestimmt wurden. Standards definieren Begriffe, Schnittstellen, Sicherheits- und Qualitätsanforderungen und schaffen somit ein einheitliches Verständnis über Fachgebietsgrenzen hinweg, das neuen Technologien und Verfahren den Weg in den Markt bereitet. 

Standards selbst strategisch mitgestalten

Wer sich zudem bei der Erstellung von Normen, Richtlinien und anderen technischen Regeln beteiligt, ist inhaltlich und vor allem zeitlich ganz vorn dabei. Gerade hier besteht die Möglichkeit, seinen Standpunkt in die Standardisierungs-Prozesse einzubringen. Dadurch ergibt sich für die Mitwirkenden bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit und bei ausreichender Durchdringung am Standort technische Souveränität. Die damit verbundenen strategischen Vorteile werden in Deutschland und in Europa nicht immer ausreichend verstanden und genutzt.


Autor und Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Dieter Westerkamp
VDI Technik und Gesellschaft
E-Mail: westerkamp@vdi.de

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