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Future Mobility

Mobilität wird in Zukunft vielfältiger

Bild: metamorworks/Shutterstock.com

Wie bewegen wir uns in Zukunft fort? Fahren Elektroautos mit Brennstoffzelle oder batterie-elektrisch? Haben wir überhaupt noch eigene Autos – oder sollte es nur autonom fahrende Shuttletaxis geben? 

Die Debatte werde oft zu ideologisch geführt, findet Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein, Leiter des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) an der RWTH Aachen und Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (FVT). Er empfiehlt, Fahrzeuge nicht nur als reine Transportmittel zu verstehen.

Mehr Offenheit für neue Ideen

„Die Mobilität der Zukunft braucht attraktive Angebote und muss vielfältig sein. Es gilt, für verschiedene Nutzergruppen jeweils passende Mobilitätsoptionen anzubieten bzw. zu entwickeln. In Freiburg im Breisgau, wo das Umfeld eher ländlich geprägt ist, haben Menschen natürlich ganz andere Bedarfe und Anforderungen an die Mobilität als im Zentrum von Düsseldorf, das zudem nah an anderen Großstädten und Industriehochburgen liegt. Angesichts des Klimawandels und endlicher fossiler Rohstoffe muss die Mobilität der Zukunft zudem nachhaltig, aber auch ökonomisch darstellbar und für die Nutzer erschwinglich sein. Wir brauchen grundsätzlich mehr Offenheit und Toleranz in den Diskussionen um neue Konzepte. Die Debatte über Mobilität ist in meinen Augen viel zu stark ideologisch aufgeladen.

Zum Beispiel die Frage: Verbrennungsmotor oder Elektromotor? Manche wollen am liebsten ganz grundsätzlich gar keine Autos mehr auf den Straßen sehen, andere sagen: Nur Wasserstoff ist die Lösung. Das ist die falsche Diskussion. Man muss eher fragen: Was sind die Anforderungen der Nutzer und welche Optionen und attraktiven Alternativen kann man für das jeweilige Nutzerprofil schaffen? Es gibt beispielsweise immer mehr ältere Menschen, die im Alter individuell mobil sein wollen. Angesichts der Corona-Pandemie steigen viele Menschen auf das Fahrrad oder Auto um, da sie nicht mehr dicht gedrängt in Bussen ohne Klimatisierung sitzen möchten.

Welcher Antrieb darf es denn heute sein?

Die Diskussion um die eine, zukunftsweisende Antriebstechnologie wird oft zu vereinfacht geführt. Es kommt eben – wie beim Restaurantbesuch – immer darauf an. Da bestellen Sie auch nicht morgens, mittags und abends Pizza, sondern haben je nach Tag und Tageszeit andere Anforderungen an Ihre Mahlzeit, die zudem auch mehr darstellt als nur Kalorienzufuhr. Auf die Mobilität übertragen heißt das: Wenn ich gerade umziehe oder mit meinem Kontrabass zur Probe muss, habe ich andere Anforderungen, als wenn ich mit meinen Kindern ins Grüne fahre. 

Die aktuelle europäische Gesetzgebung wird zur Markteinführung schwerer Nutzfahrzeuge mit großen Batterien führen – das hilft niemandem, auch nicht dem Klima. Im Transportsektor ist auf Langstrecken die Nutzung von Wasserstoff oder regenerativ erzeugten Kraftstoffen sinnvoller. Für flexible Fahrten in der Stadt hingegen ist ein Elektrofahrzeug eine sinnvolle Option. Viel zu oft werden Antriebstechnologien und Energieträger in einen Topf geworfen. Der Verbrennungsmotor ist erst einmal eine Wärme-Kraftmaschine, wandelt chemische Energie in Drehmoment und Wärme. Das ist in vielen Breitengraden im Sinne einer Kraft-Wärmekopplung durchaus sinnvoll.

Fossile Energieträger sind das Problem

Der fossile Brennstoff als Energieträger ist das eigentliche Problem, nicht der Antrieb – übrigens auch beim Heizen zu Hause. Wasserstoff in einem Verbrennungsmotor zu wandeln, kann also durchaus eine Option sein, in anderen Fällen könnte hingegen eine Brennstoffzelle sinnvoll sein. Man sollte in der Diskussion der Alternativen genauer hinschauen, warum sich wer in welchem Wirtschaftsraum für diese oder jene Technologie einsetzt. Im erdbebengefährdeten Japan sind Brennstoffzellenfahrzeuge Teil der nationalen Notstromversorgung. Auf der anderen Seite interessiert sich zum Beispiel das Militär in vielen Ländern auch für die Technologie, weil sich militärisches Gerät damit besonders leise antreiben lässt. Man sollte also nicht zu naiv in der Diskussion sein, aber unbedingt offen.“

Autor: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Lutz Eckstein ist seit 2010 Direktor des Instituts für Kraftfahrzeuge (ika) der RWTH Aachen und Vorsitzender des Beirats der fka GmbH. Zudem ist er wissenschaftlicher Leiter des NRW Kompetenznetzwerks Automatisierte und Vernetzte Mobilität sowie Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Fahrzeug und Verkehrstechnik (FVT). Eckstein studierte und promovierte an der Uni Stuttgart und arbeitete vor seiner Berufung an die RWTH Aachen zehn Jahre bei der Daimler AG und fünf Jahre bei BMW in leitenden Positionen.


Ansprechpartner im VDI:
Dipl.-Ing. Christof Kerkhoff 
Geschäftsführer der VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik 
E-Mail-Adresse: kerkhoff@vdi.de 

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