Der VDI-Stratosphärenballon grüßte als Kundschafter aus 37 km Höhe
Der Regional Hub zum DIT in Braunschweig hatte mit dem Lilienthalhaus am Forschungsflughafen einen idealen und symbolträchtigen Veranstaltungsort, um Lösungsansätze für den Energiebedarf von morgen zu präsentieren, die derzeit in Norddeutschland entwickelt werden.
Vermutlich wäre Otto Lilienthal gerne dabei gewesen, der im Frühjahr 1891 in Derwitz bei Berlin die ersten erfolgreichen Flüge mit einem selbst entworfenen und gebauten Gleitflugzeug unternahm und dazu die ingenieurtechnischen Grundlagen für energieeffiziente Luftfahrzeuge schuf. Vielleicht hatte er schon damals Visionen davon, wie die heutigen Verkehrsflugzeuge in großen Höhen bis zu 12.000 m am unteren Rand der Stratosphäre sicher unterwegs sind.
Noch höher hinaus flogen die Ideen eines ehrgeizigen Projekts als Vorspann zum offiziellen Programm des DIT am Nachmittag:
Aufstieg eines Stratosphärenballons in die Todeszone alles irdischen Lebens und Rückholung in die Realvisionen des DIT am frühen Abend.
In einem vom VDI Braunschweig und dem DLR_School_Lab Braunschweig initiierten Projekt konnte sich eine eigens eingerichtete Strato-AG des Braunschweiger MINT-Gymnasiums Martino-Katharineum seit Anfang März mit den physikalisch-chemischen Grundlagen der Stratosphäre vertraut machen. Wissenschaftliche Hilfskräfte des School Lab (Studierende an der TU Braunschweig) standen zur Beratung zur Verfügung und brachten mit zwei Lehrkräften und 14 höchst engagierten Mitgliedern der AG sechs selbstentwickelte Experimente auf die bislang von ihnen nie erforschte Höhe von unglaublichen 37 km bei eisigen Temperaturen von minus 65° Celsius. Auch bei verschwindend geringem Luftdruck von 10 hPa gegenüber dem Standardwert am Boden von 1013 hPa funktionierte die Technik einwandfrei.
Zwei Kostproben aus dem Experimentenkasten als Anregung für Kreativ-Workshops:
a) Glyzerin vs. Braunschweiger Bier: Was überlebt den Ausflug unbeeindruckt? Na klar!
Kein gutes PR-Thema für die Grundnahrungsmitttel-Industrie. Aber warum ist Glyzerin ein Tausendsassa für viele ingenieurtechnische Anwendungen? Wikipedia hilft weiter.
b) Marshmallow genannt Schaumkuss ohne Eisbärenfell:
Bei diesen unwirtlichen Bedingungen platzt ihm sichtbar der Kragen und er landet ziemlich zerknirscht-verschrumpelt am Boden. Vor Hausversuchen mit Vakuumpumpe im Gefrierschrank wird ausdrücklich gewarnt! Besser erst den VDI fragen.
Die Beweisfotos sagen mehr als tausend Worte.
Die perfekte technische Durchführung und Einholung aller behördlichen Genehmigungen oblag dem Unternehmen Stratoflights GmbH aus Blomberg mit einer langjährigen Erfahrung auf diesem exotischen Gebiet. Ihm gilt unser Sonderapplaus.
Der verdiente Lohn für die wochenlange Arbeit:
Ab 9 Uhr ein nervenzehrendes Warten auf die Flugverkehrsfreigabe vom Tower des Braunschweiger Flughafens. Die Flugwetterfrösche versprachen die Auflösung einer zählebigen aufstiegsverhindernden Wolkenschicht ab ca. 13 Uhr und behielten Recht. Endlich der "Final Countdown" aus 30 lautstarken Kehlen des Startteams und Punkt 13:45 Uhr ein fulminanter "Lift off". Welch ein Erlebnis für das glücksstrahlende Team!
Der Track des Ballons bis zur Landung und Bergung seiner angehängten Instrumentenkapsel nach ca. drei Stunden Flugzeit konnte an einem Monitor in der Ausstellung des DIT live verfolgt werden. Am späten Nachmittag erschien das Bergungsteam mit seiner Stratosphären-Schatzkiste in der DIT-Arena und konnte vor dem staunenden Publikum voller Stolz berichten: "Mission completed!" Umfangreiche Videos von zwei eingebauten Profi-Kameras und Messprotokolle der mitgeführten Datenlogger in der unversehrt geborgenen Instrumentenkapsel liefern Stoff in erstklassiger Qualität und Inspirationen für unseren Ingenieurnachwuchs und seine fördernden Fans. Alle Beteiligten und unsere Gäste waren begeistert. Der VDI-Verbund Nord freut sich, mit der Organisation dieses Vorhabens ein neues "Window of Opportunities" für eine sichere und lebenswerte Zukunft aufgestoßen zu haben.
Bericht: Josef Thomas, VDI Braunschweig