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20 Jahre Transrapid-Studie

Der VDI und die Zukunftstechnologie Transrapid

Bild: Simon Jäckel

Er sollte das Vorzeigeprojekt deutscher Ingenieurskunst werden: der Transrapid. Im Juni 1979 konnten sich die Besucher der Internationalen Verkehrsausstellung (IVA) in Hamburg erstmals selbst ein Bild von der Technologie der Zukunft machen. Auch wenn der Transrapid 05 auf der nur knapp 1 km kurzen Strecke auf dem Messegelände lediglich Geschwindigkeiten bis 90 km/h erreichte, faszinierte er dennoch durch seine revolutionäre Antriebstechnik. Mit bis zu 500 km/h Spitzengeschwindigkeit sollte der Transrapid die Lücke zwischen den Verkehrsträgern Eisenbahn und Flugzeug schließen.

Seit ihrer Erfindung in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts hat die Eisenbahn in ihrer rund 200 Jahre währenden Geschichte zahlreiche epochemachende Entwicklungen mitgetragen und gilt nicht zuletzt in der Klimadiskussion des 21. Jahrhunderts als umweltfreundliches Landtransportmittel. Bei elektrischen Eisenbahnen des klassischen Rad-Schiene-Systems sind heute bei modernen Fahrzeugen, günstiger Streckenführung und gutem Unterhalt (der Infrastruktur und des rollenden Materials) ohne Probleme Geschwindigkeiten über 300 km/h möglich. Bis hin zu einzelnen Geschwindigkeitsrekorden über 400 km/h oder sogar 500 km/h.

Als die Idee für den Transrapid aufkam, waren solche Geschwindigkeiten bei der Eisenbahn noch weit von der Realität entfernt. Zudem war Fliegen bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts vergleichsweise teuer.

Hoffnungsträger Transrapid

Grundsätzlich versprach man sich von der Transrapid-Technologie viele Vorteile im Vergleich zum klassischen Rad-Schiene-System:

  • verkürzte Reisezeiten
  • hoher Fahrkomfort, beispielsweise durch günstige fahrdynamische Eigenschaften
  • geringere Schallemissionen
  • hohe Verkehrssicherheit
  • niedrigerer Energieverbrauch
  • flexible Anpassung der Fahrzeugkapazitäten durch zusätzliche Sektionen
  • geringe Instandhaltungskosten durch geringen Verschleiß aufgrund berührungsfreien Betriebs
  • geringere Baukosten
  • Überwindbarkeit auch von größeren Steigungen

VDI empfahl Bau einer Transrapidstrecke

Auch der VDI setzte sich für das Vorzeigeprojekt deutscher Ingenieurskunst ein und befürwortete aktiv den Einsatz der Transrapidtechnologie. Im Mai 2001 wurde die VDI-Transrapid-Studie veröffentlicht. Sie enthielt Streckenvorschläge, industriepolitische Argumente und Hinweise zur Wirtschaftlichkeit.

Aufgrund der negativ verlaufenen Streckenentscheidungen forderte der damalige VDI-Präsident die VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik dazu auf, eine Aktualisierung der Studie zu unternehmen. Bereits im Oktober 2003 erschien die aktualisierte VDI-Transrapid-Studie. In der Studie heißt es konkret: „Das prognostizierte Verkehrsaufkommen auf Straße, Schiene und im Luftverkehr kann von den heute existierenden und geplanten Verkehrsträgern nicht adäquat bewältigt werden. Der Transrapid ist aufgrund seiner hohen Reisegeschwindigkeit, seiner Wirtschaftlichkeit und seiner ökologischen Vorteile geeignet, in einem integrierten Verkehrssystem die heute vorhandenen und geplanten Schienen- und Straßenverkehrssysteme zu entlasten sowie Kurzstreckenflüge zu ersetzen. Der VDI empfiehlt daher, eine Transrapidstrecke zu bauen, mit der obige Eigenschaften deutlich gemacht werden, und eine Planstudie für ein übergeordnetes deutsches und auf Europa erweiterbares Transrapidnetz durchzuführen.“ Insgesamt drei Transrapid-Verbindungen, die die jeweiligen Wirtschaftszentren und ihre Flughäfen vernetzen sollten, wurden dargestellt.

Auf diesen Strecken, so der VDI, könne der Transrapid seine systembedingten Vorteile optimal ausspielen:

  • Keine Zerschneidung der Landschaft/ Lebensräume
  • Flexible Trassenführung, insbesondere bei Kreuzung mit anderen Verkehrswegen
  • Gute Bündelungsfähigkeit mit Straße und Schiene
  • Hohe Steigfähigkeit und dadurch Vermeidung aufwendiger Tunnel und Brücken

Auch in Interviews äußerte sich der damalige VDI-Präsident Hubertus Christ deutlich: "Für den Technologiestandort Deutschland ist der Bau einer Transrapidstrecke von erheblicher Bedeutung. Der internationale Vorsprung in Spitzentechnologien, den wir noch vor mehreren Jahren hatten, ist mittlerweile geschmolzen. Wenn wir nicht unsere Chance ergreifen und in die Zukunftstechnologie Transrapid investieren, um damit Wettbewerbsvorteile umzusetzen, dann ist der Zug für diese Technologie am Standort Deutschland im wahrsten Sinne des Wortes abgefahren. China steht in den Startlöchern und plant bereits den Ausbau der Magnetbahnstrecke."

Gescheitert?

Bis heute erreichen den VDI Anfragen von seinen Mitgliedern und aus der interessierten Öffentlichkeit. Die aktuellen Diskussionen rund um den Klimaschutz und die Notwendigkeit, Inlandsflüge zu ersetzen, geben der Transrapidtechnik neuen Rückenwind, denn sie bietet eine zeitlich adäquate Alternative. In den letzten 20 Jahren hat sich die VDI-Meinung allerdings verändert. Exemplarisch sei daher hier ein Zitat aus dem heutigen VDI-Ehrenamt genannt:

Prof. Dr. Nils Nießen, Vorsitzender des VDI-Fachbereichs Bahntechnik: „Der Transrapid ist besonders gut für längere Punkt-zu-Punkt-Verbindungen geeignet. Als großes Hemmnis stellt sich jedoch die Integration in bestehende Verkehrsnetze dar – daher ist auch zukünftig eine Anwendung in Deutschland eher unwahrscheinlich.“

Von den vielen Streckenplanungen seit Beginn der Diskussion wurde schlussendlich nur eine relativ kurze Strecke in Shanghai realisiert, auf der der Transrapid bei Versuchsfahrten eine Geschwindigkeit von 501 km/h erreichte. Im aktuellen, nicht kostendeckenden Regelbetrieb ist die Betriebshöchstgeschwindigkeit zwar auf 430 km/h festgelegt, diese wird aber nur noch in den wenigsten Fällen ausgenutzt.

Nach heutiger Auffassung scheiterte der Transrapid in Deutschland an explodierenden Kosten und weil die Lücke zwischen Eisenbahn und Flugzeug inzwischen bereits durch die Einführung des ICE und dessen Weiterentwicklung bis heute ausreichend geschlossen wurde. Auch bei den Themen Fahrkomfort, Energieverbrauch und geringeren Lärmemissionen konnte die Bahn nachlegen. Deutschland und Europa setzen außerdem auf ein interoperables Eisenbahnnetz für den Güter- und Personenverkehr, bei dem Systembrüche nicht förderlich sind. Schlussendlich konnte sich die vielversprechende Technik insbesondere aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten als parallele Entwicklung zum klassischen Schiene-Rad-System nicht durchsetzen.

Die Transrapidtechnik ist jedoch nicht komplett zu den Akten gelegt worden. Immer wieder taucht die Idee der Magnetschwebebahn auf, aktuell insbesondere in Asien. Hier müssen große Menschenmengen zwischen den Metropolen bewegt werden.

Interessant? Den vollständigen Artikel lesen Sie im Mitgliederbereich. Hier finden Sie auch die erwähnte Studie von 2003 zum Download.

Autor: Dipl.-Ing. Simon Jäckel

Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Simon Jäckel
VDI-Gesellschaft Fahrzeug- und Verkehrstechnik (VDI-FVT)
E-Mail-Adresse: jaeckel@vdi.de  

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