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Hitzeaktionspläne

Hitze, eine Gefahr für die menschliche Gesundheit

Bild: gostua/Shutterstock.com

Die globale Erwärmung wird immer stärker auch lokal spürbar. Wir bekommen es nunmehr mit längeren Hitzeperioden und dabei höheren Temperaturen zutun. Was medial zunächst positiv mit Bildern aus der Eisdiele oder dem Freibad assoziiert wird, stellt uns jedoch vor große Herausforderungen. Doch was passiert mit dem menschlichen Körper und unserer Gesundheit bei Hitze? Und welche Maßnahmen müssen wir im Sinne einer Anpassung an den Klimawandel ergreifen, um uns zu schützen? Wie können Hitzeaktionspläne dabei helfen?

Der Klimawandel wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit betrachtet. Wir haben es mit einer wiederkehrenden und immer extremeren Gefahr durch zunehmende Hitze zu tun. In den Jahren 2003, 2015, 2018, 2022 wurden die meisten Tage mit Temperaturen über 30°C in Deutschland verzeichnet. Die Erwärmung erhält besondere Brisanz aufgrund des demografischen Wandels in Deutschland und Europa. Mit der Zunahme an älteren Menschen und somit der Haupt-Risikogruppe steigt die Zahl der hitzebedingten Erkrankungen und Todesfälle.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht davon aus, dass allein im letzten Jahr 4500 Menschen infolge der Hitze verstarben. Im Vergleich dazu liegt die Anzahl der Verkehrstoten in den letzten Jahren konstant unter 3000.

Welche Bevölkerungsgruppen müssen vor Hitze geschützt werden?

Die Alten und Schwachen sind am stärksten betroffen, da die Fähigkeit zur Selbstkühlung mit steigendem Alter abnimmt und das Durstempfinden ebenfalls verringert wird. Neben älteren Menschen gehören vor allem Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen, Obdachlose, Säuglinge, Kleinkinder, Arbeitende im Außenbereich zu den besonderen Risikogruppen, die bei langanhaltenden Hitzeperioden mit über 30°C stark gefährdet und schutzbedürftig sind.

Unser Gesundheitswesen ist durch zusätzliche Krankenhauseinweisungen infolge von Hitzebelastungen gefordert und in weiten Bereichen überfordert. Sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich sind schon jetzt nicht die Ressourcen vorhanden.

Hitzeschutzpläne in Einrichtungen mit vulnerablen Gruppen erfordern einen erhöhten Aufwand durch die Patientenversorgung mit ausreichend Flüssigkeit, Kühlung, Verdunklung, Verschattung von Räumen und der Überprüfung der Bedarfsmedikation in Hitzeperioden.

Wie sich die gesundheitliche Belastung einer Bevölkerungsgruppe durch Umweltrisiken beschreiben lässt,  wird in der VDI-Publikation „Maßzahlen zur Gesundheit von Bevölkerungen richtig interpretieren und kommunizieren“ beschrieben.

Hitze stellt ein großes Gesundheitsrisiko dar

Um Hitzetote zu vermeiden, wird es nötig sein, das Leben und die Arbeit neu und systematisch in allen Bereichen zu organisieren. Hierzu gehören auch Maßnahmen im Bereich des Arbeitsschutzes für Mitarbeiter*innen.

Nachfolgend sind die vier wichtigsten Gesundheitsrisiken aufgeführt, die mit Hitze assoziiert sind:

  1. Hitzschlag: Eine der schwerwiegendsten Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit ist der Hitzschlag. Dabei erhöht sich die Körpertemperatur stark und kann lebensbedrohlich sein, wenn nicht rechtzeitig behandelt.
  2. Hitzekrämpfe: Muskelkrämpfe können auftreten, wenn der Körper durch übermäßige Hitze dehydriert und Elektrolyte verliert.
  3. Hitzeerschöpfung: Übermäßige Hitze kann zu Schwäche, Schwindel, Übelkeit und Kopfschmerzen führen.
  4. Verschlimmerung bestehender Gesundheitsprobleme: Hitze kann bestehende gesundheitliche Probleme wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Diabetes verschlimmern.

Obwohl die zunehmende Hitze das größte klimawandelbedingte Gesundheitsrisiko darstellt, können wir noch keine genauen Aussagen über die Belastung der Bevölkerung treffen. Aktuell gehen die Fachleute davon aus, dass wir nur die Spitze des Eisberges in Hinsicht auf Mortalitäts- und Morbiditätsraten sehen.

Hitzeaktionspläne zum Schutz vulnerabler Gruppen

Zum Schutz der vulnerablen Bevölkerungsgruppen empfiehlt sich die Aufstellung von Hitzeaktionsplänen oder Hitzeschutzplänen. Hierbei sind die größeren Kommunen besonders gefordert, weil in ihnen aufgrund des hohen Versiegelungsgrades, der starken Erwärmung, der geringen Frei -und Grünflächen deutliche höhere Wärmeinseleffekte ausgeprägt sind als im Außenbereich und weniger stark verdichteten Siedlungsräumen.

Zur Steigerung der Resilienz im Gesundheitsbereich wird daher seit Jahren empfohlen, dass Maßnahmen zum Hitzeschutz standardisiert und gesetzlich als Pflichtaufgabe verankert werden. Fünf Maßnahmenbereiche tragen dazu bei, die Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit zu minimieren und das Risiko von hitzebedingten Krankheiten und Notfällen zu reduzieren:

  1. Frühwarnsysteme: Implementierung von Frühwarnsystemen für extreme Hitzeereignisse, um rechtzeitig zu informieren und Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
  2. Städtische Planung: Städte sollten ihre Planung anpassen, um Hitzestaus zu reduzieren, z. B. durch mehr Grünflächen, kühlende Wasserelemente und gut isolierte Gebäude.
  3. Hitzebelastung in Arbeitsumgebungen: Arbeitgeber sollten Maßnahmen ergreifen, um die Hitzebelastung am Arbeitsplatz zu reduzieren, wie flexible Arbeitszeiten (Siesta-Modell), zusätzliche Pausen und Kühlungseinrichtungen.
  4. Sensibilisierung und Aufklärung: Kampagnen zur Sensibilisierung über die Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit und die wichtigsten Schutzmaßnahmen.
  5. Unterstützung gefährdeter Bevölkerungsgruppen: Besondere Aufmerksamkeit sollte auf gefährdete Bevölkerungsgruppen wie ältere Menschen, Kinder, Obdachlose und kranke Menschen gelegt werden, um ihre Schutzbedürfnisse zu gewährleisten.

In allen fünf Maßnahmenbereichen fehlen bislang umfassende Standards und Regelungen.

Empfehlung der WHO

Für eine systematische Umsetzung bestehen Empfehlungen der WHO und der Bund/Länder Ad-Hoc Arbeitsgruppe „Gesundheitliche Anpassung an die Folgen des Klimawandels“ aus 2017 (Empfehlungen für die Erstellung von Hitzeaktionsplänen zum Schutz der menschlichen Gesundheit).

Die Handlungsempfehlungen beinhalten acht Kernelemente:

  1. zentrale Koordinierung und interdisziplinäre Zusammenarbeit,
  2. Nutzung eines Hitzewarnsystems,
  3. Information und Kommunikation,
  4. Reduzierung von Hitze in Innenräumen,
  5. besondere Beachtung von Risikogruppen,
  6. Vorbereitung der Gesundheits- und Sozialsysteme,
  7. langfristige Stadtplanung und Bauwesen
  8. Monitoring und Evaluation der Maßnahmen.

Zeit zu handeln und zu standardisieren …

Obwohl diese Kernelemente für Hitzeaktionspläne seit 2017 bei allen relevanten Akteuren im Gesundheitswesen und Umweltbereich bekannt sind, wurden bislang nur wenige Hitzeaktionspläne entwickelt und auch konsequent umgesetzt. Die aktuellen Hitzeextreme haben zwar das Bewusstsein in der Politik und Öffentlichkeit für den dringenden Handlungsbedarf geweckt. Dennoch besteht aufgrund des hohen Investitionsbedarfs, der fehlenden Standards und Normungen eine eher zurückhaltende Position zur Umsetzung eines effektiven Hitzeschutzes. Der VDI erarbeitet eine Expertenempfehlung, die VDI-EE 3787 Blatt 13, welche einen Beitrag zur Stärkung des Hitzeschutzes in Kommunen leisten soll. 

Auf nationaler oder europäischer Ebene existiert bislang keine „Verordnung zum Hitzeschutz“ wie z. B. in den USA (siehe Verordnung in Phönix, Chicago-cooling ordinance). Standards und Normungsprozesse für eine Vielzahl von Maßnahmen werden somit für den Hitzeschutz in Zukunft eine wichtige Aufgabe darstellen.

Für eine systematische Vorgehensweise sind trotz fehlender Standards in allen Kommunen und Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens entsprechende Hitzeschutzpläne zu entwickeln und umzusetzen. Die Information und Weiterbildung sowie breite Aufklärung über die Folgen der thermischen und UV-Belastung sind Grundlage für eine effektive Prävention. Für akute Hitzephasen sind allerdings kurzfristig die Risikogruppen besonders zu schützen.

 

Autor: Dr. Thomas Griebe, Vorsitzender des Gremiums „Hitzeaktionsplanung“ und Leiter der Abteilung Umweltschutz der Stadt Duisburg

Fachliche Ansprechpartnerin im VDI:
Dr. Jill Gerdey
VDI-Komission Reinhaltung der Luft
Fachbereich Umweltqualität
E-Mail: jill.gerdey@vdi.de 

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