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Statusreport zur Infektionsprävention

Weniger Keime auf Oberflächen

Der Fachbereich Medizintechnik der VDI-Gesellschaft Technologies of Life Sciences hat einen neuen Statusreport veröffentlicht, der den aktuellen Stand der antimikrobiellen Oberflächentechnologien zur Infektionsprävention zeigt. Darüber hinaus befassen sich die Herausgeber mit dem Einsatz von Werk- und Wirkstoffen sowie von Prüfverfahren zur mikrobiellen Belastung von Oberflächen.

Häufig berührte Flächen und Objekte wie Arbeitstische, Tastaturen oder Displays stellen eine wesentliche Quelle für die Verbreitung von Krankheitserregern dar. Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen sind daher absolut empfehlenswert, um sich vor einer Ansteckung zu schützen. Es gibt zudem eine weitere Möglichkeit des Schutzes: Antimikrobielle Technologien und Werkstoffe können die Verbreitung auf diesem Übertragungsweg eindämmen oder idealerweise sogar verhindern.

Antimikrobielle Oberflächen sind insbesondere in hygienesensiblen Bereichen sinnvoll, wie beispielsweise bei Oberflächen von medizintechnischen Geräten und Bedarfsgegenständen in Krankenhäusern sowie in Einrichtungen des ambulanten Gesundheits- und Sozialwesens. Hinzu kommen Oberflächen im öffentlichen Raum, im Lebensmittelsektor und in der Tierhaltung. 

„Generell gilt für antimikrobielle Oberflächen: Sie dienen zur Ergänzung der Flächenhygiene und ersetzen die einrichtungsspezifischen Hygienemaßnahmen wie Reinigung und Desinfektion nicht“, sagt Prof. Dr. Clemens Bulitta vom Institut für Medizintechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden und Vorsitzender des VDI-Fachausschusses „Management hygienisch relevanter Flächen in medizinischen Einrichtungen“.

Strikte Händehygiene in Krankenhäusern notwendig

Der häufigste Übertragungsweg von Erregern ist über die Hände durch Berührung. Daher ist die viel kommunizierte Händehygiene gerade in Zeiten der Corona-Pandemie von so großer Bedeutung. Neben der Händehygiene macht aber natürlich auch eine entsprechende Reinigung und Desinfektion Sinn. Da diese aber nur zum Zeitpunkt der Reinigung und Desinfektion wirkt und nicht dauerhaft, obwohl die Fläche natürlich immer wieder neu kontaminiert werden kann, wird sehr intensiv an weiteren Möglichkeiten wie antimikrobiell wirksamen Oberflächen bzw. Oberflächenbeschichtungen geforscht. 

Gerade Krankenhäuser sind durch Keime und Erreger besonders gefährdet. „Medizinische Einrichtungen müssen noch konsequenter die klassischen Maßnahmen der Basishygiene umsetzen, dazu zählt insbesondere die Händehygiene“, so Bulitta. „Da gibt es noch einiges an Verbesserungspotenzial. Händehygiene ist aufwändig und zeitintensiv, was dazu führt, dass es bei der hohen Arbeitsdichte und dem bestehenden Personalmangel oft nicht einfach ist, alle Maßnahmen einzuhalten. Ich denke, in diesem Fall bietet die Corona-Krise auch eine einzigartige Chance. Sollte es gelingen, das Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Maßnahmen und so die Compliance der Händehygiene entsprechend deutlich zu verbessern, hätte das auch positive Auswirkungen auf die Infektionsprävention in allen anderen Bereichen.“ 

Forschung bei antimikrobiellen Technologien vorantreiben

Der VDI-Statusreport beschäftigt sich auch mit den rechtlichen und regulatorischen  Rahmenbedingungen für die Prüfung der produkt- und anwendungsspezifischen Wirksamkeit der Technologien und Maßnahmen. Die aktuellen Vorgaben werden jedoch den Anforderungen vor allem aus der klinisch-infektiologisch relevanten Sicht nicht ausreichend gerecht: So ist es bisher meist nicht möglich, zu prüfen, inwiefern antimikrobielle Produkte zur Unterbrechung von Infektionsketten unter Realbedingungen beitragen.

Auch eine Nutzen-Risiko-Abwägung kann derzeit nicht vorgenommen werden. Bulitta: „Mit Blick auf das drängende Problem steigender Resistenzen sehen wir im VDI die Politik gefordert, Möglichkeiten zu schaffen, um die notwendige Forschung voranzutreiben. Ziel sollte es zum einen sein, Prüfverfahren zu etablieren, die eine sichere Bewertung der klinisch relevanten Wirksamkeit von antimikrobiellen Technologien ermöglichen. Zum anderen gilt es auch, den Einsatz dieser Technologien und infektionspräventive Maßnahmen weiter zu entwickeln.“

Autor: Stephan Berends

Der Statusreport „Antimikrobielle Oberflächen zur Infektionsprävention – Werk- und Wirkstoffe, Prüfverfahren sowie rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen“ steht kostenfrei unter www.vdi.de/publikationen zum Download bereit. 

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